Im Mittelalter nahmen manche Schriftsteller, die in der heutigen Schweiz geboren wurden, an der mittelhochdeutschen Dichtung teil, z. B. der Berner Ulrich Boner, der Züricher Johannes Hadlaub, der Thurgauer Heinrich Wittenweiler usw. Trotz der mehr oder weniger mundartlichen Färbung ist ihr Deutsch mittelhochdeutsch.
Anfang des 16. Jahrhunderts macht sich in der Schweiz der Einfluß neuhochdeutscher Lautung geltend, und entscheidenden Einfluß hat die Verbreitung der Lutherbibel. Aber das Eindringen des Neuhochdeutschen als Schriftsprache vollzieht sich nicht mit einem Male, die Auseinandersetzung dauert bis etwa 1800. Dabei bleiben die schweizerischen Mundarten von der erstarkten, neuhochdeutschen Schriftsprache unberührt.
Das in der Schweiz gesprochene Deutsch wird gewöhnlich Schwyzerdütsch genannt. Diese Bezeichnung ist aber erst seit Mitte des 18. Jahrhunderts in Gebrauch und sprachwissenschaftlich gehört das Schwyzerdütsch zu dem Alemannischen. In der Schweiz gilt das Hochalemannisch. Das Schwyzerdütsch ist die Gesamtheit der verschiedenen schweizerischen Mundarten und diese Mundarten tragen im Laut- und Formenstand wie im Wortschatz von Kanton zu Kanton, von Stadt zu Stadt, eventuell von Dorf zu Dorf ihr besonderes Gepräge. Das Baseldeutsch gehört ausnahmsweise zu dem Niederalemannischen, das Berndeutsch ist in mancher Hinsicht viel konservativer als das Zürichdeutsch.
Im Vokalismus ist das Schwyzerdütsch im ganzen auf der Stufe des Mittelhochdeutschen stehen geblieben, kennt also keine Diphthongierung und Dehnung. Die Sprache des Kantons Wallis, Walserisch genannt, bewahrt sogar althochdeutsche Erscheinungen. In der Doppelheit von mundartlicher und schriftsprachlicher Lautgestalt (Schwyz/Schweiz) zeigt sich die charakteristische sprachliche Lage der Schweiz. Schwyz ist der Name eines Kantons und der Hauptstadt des Kantons Schwyz zugleich, während die Schweiz das ganze Land bedeutet.
Was die Konsonanten betrifft, so sind anlautendes althochdeutsches ch gegenüber gemeindeutschem k (z. B. chalt, kalt‘, Chind, Kind‘) und 1 statt r in Einzelwörtern (z. B. Chile
"Kirche“) typisch für das Schwyzerdütsch. -scht statt -st ist auch üblich. Ein schweizerisches Kartoffelgericht Röschti kommt von rösten.
Die Verkleinerung ist im Schwyzerdütschen viel bedeutender als in der Schriftsprache. Sie wird durch die Nachsilben -(e)li -i, -el gebildet. Das bezieht sich auch auf Taufnamen. Bei Gotthelf sind für Jakob Bildungen wie Köbel, Kobi, Köbu, Kobeli, Köbeli, Jogg, Joggi, Jögg, Jöggu, Joggeli, Jöggeli belegt. Übrigens ist Uli im
"Uli, der Knecht“ eine kurze Form von Ulrich.
Goethe schreibt bei seiner ersten schweizerischen Reise, man sage hier hauen für schneiden. Heute noch sagt man in der Schweiz in den Finger hauen statt in den Finger schneiden. Wörter, die in der Schweiz eine andere Bedeutung haben als in Deutschland, werden genannt und erklärt.
Im Schwyzerdütschen haben ungefähr hundert Wörter ein anderes Geschlecht als im Schriftdeutschen. Teils haben sie ein altes mittelhochdeutsches Geschlecht, teils werden sie durch Analogie an ein anderes Geschlecht angelehnt.
Es gibt mittelhochdeutsche Wörter, die in der Schweiz immer noch gebraucht und in Deutschland nicht mehr gebraucht werden (z. B. Ätti, Vater‘, Base, Tante‘, Blust, Blütezeit‘, Fürsprech, Rechtsanwalt‘, Hafner, Töpfer‘, Laufe, Stromschnelle‘, Naue, Schiff‘, Anke, Butter‘, Hamme, Schinken‘, losen, zuhören‘ usw.) und andere schweizerische Wörter, die in die Schriftsprache eingegangen sind (z. B. Heimweh, Firm, Föhn, Gletscher, Lawine, Murmeltier, Putsch usw.). Das Wort Föhn ist sogar ins Japanische eingeflossen.
抄録全体を表示