Unter dem Titel der
"Italienischen Reise“ steht, wie bekannt, als Motto
Auch ich in Arkadien. Das Wort, das ursprünglich aus der lateinischen Grabinschrift
"Et in Arcadia ego“ stammt, bedeute bei Goethe kaum mehr, als daß er einmal in Arkadien, im Land der Wonne und Schönheit, gewesen sei, meint Erwin Panofsky, wogegen sich wenig einwenden läßt. Aber der Begriff, Arkadien‘, der als solcher eine lange literarische Tradition hat, wirft auch von anderer Seite Licht auf das Werk und scheint zu signalisieren, daß es literarisch genommen werden soll.
Jenes bekannte Lied Mignons
"Kennst du das Land, wo…“, das Italien im wesentlichen zum erstenmal in die deutsche Dichtung eingeführt und eine nachhaltige Wirkung auf ihr Italienbild ausgeübt hat, schreibt Goethe vor der Italienreise, ohne sich auf seine eigene Anschauung des Landes zu stützen. Trotz seiner mächtigen Evokation und Faszination verdankt das Gedicht viel einer überlieferten Bildersprache, einem Schatz von Topoi seit der Antike und bringt konsequenterweise manche arkadische Züge. Und indem, das Land‘ Mignons sich der Vorstellung Arkadiens annähert, offenbart es paradoxerweise vielmehr das Innere des Dichters, seine ganze leidende Verstörtheit und sein sehnsüchtiges Verlangen in der voritalienischen Zeit, so wie sich Mignon, ein im Norden
"heimatlos gewordener Genius der Poesie“, nach jenem Land zurücksehnt, das ihr in seiner reichen Natur ein zeitloses Paradies verheißt. Das aus der Sehnsucht erschaffene Italien erscheint da als Land der Kunst und Poesie überhaupt. Daß Goethe zuerst Italien dichterisch feiert vor dessen wirklicher Erfahrung, bekundet bereits deutlich den Vorrang des Poetischen bei ihm, obwohl er auf der Reise immer wieder über den Abstand zwischen Einbildung und Wirklichkeit reflektiert und die reine Anschauung der Dinge hochschätzt.
Der Goethe auf dem Weg bis nach Rom ist noch weitgehend von der nördlichen Vorstellung beherrscht, was sich besonders in der typisierenden und idealisierenden Auffassung von <Nord> und <Süd> zeigt. Sein zu häufiges Erwähnen der Breite der jeweiligen Stationen verrät, daß sie ihm mehr als bloß geographisch wichtig ist und einen symbolischen Charakter annimmt, wobei dem Brenner als
"Grenzscheide des Südens und Nordens“ entscheidende Bedeutung zukommt. Es ist nur konsequent, wenn Goethe seine Italienreise nicht als neue Erfahrung, sondern oft als Wiederbegegnung empfindet. Aber schon in Rom, seinem Reiseziel, wo er alle Träume seiner Jugend nun lebendig sehe, fügt er noch hinzu:
"Es ist alles, wie ich mir's dachte, und alles neu.“ In dem unscheinbaren, und‘ liegt der Kern des Satzes, denn darin kommt jene Spannung zwischen Imagination und Wirklichkeit zum Ausdruck, die sich durch Goethes ganzes Italien-Erlebnis zieht.
Der lange Weg, den Goethe in Italien hinter sich gebracht hat, symbolisiert sich in seiner Zurückweisung des, nordischen Reisenden‘, der nach Goethes Wort glaubt, er komme nach Rom, um ein Supplement seines Daseins zu finden, auszufüllen, was ihm fehlt, und der Goethe selber einmal war. Der <Norden> dem <Süden> gegenüber wird zur Vorstellungs-und Denkweise verallgemeinert und erweitert. Die
"Römischen Elegien“ als Produkt der Italienreise zeigen schon eine den bloßen Gegensatz übersteigende Perspektive. Es ist zunächst kiar, daß die <Nord-Süd-Symbolik> den ganzen Zyklus durchzieht, wie Gerhard Kaiser feststellt. Diese Symbolik wird aber sehr vertieft und verinnerlicht; verschiedene Gegensätze, die der, Wandrer‘ aus dem Norden und die, Idylle‘ im Süden verkorpern,
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