Der geographische Bereich der preuβischen Provinz Posen ist fast identisch mit dem des sogenannten Groβpolen in der modernen polnischen Geschichte. Diese Provinz gehort zu den historischen Gebieten, die "die klassischen Schauplatze deutsch-slawischer Auseinandersetzungen" (R. JaworskiI) gebildet haben. Selbstverstandlich gilt das fur die Verwandlungsperiode hin zum Imperialismus des europaischen Kapitalismus, die im groβen und ganzen mit dem Zeitraum vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zum ersten Weltkrieg zusammenfallt. Auβerdem bin ich fest davon uberzeugt, daβ die "Fidekiommiβfrage" als unser gegenwartiges Thema eine wichtige Rolle bei dem germanisch-slawischen Nationalitatenkampf in der zustandigen Gegend gespielt hat. Durch ein deutsches Fideikommiβ und ein anderes polnisches, die gleichzeitig in der Provinz Posen bestanden, wurde der wirklich sehr starke Kontrast im wechseltollen Schicksal beider Fideikommisse hervorgehoben. Das Fideikommiβ ist eines der wesentlichen Momente, die auf "das komplizierte und schmerzhafte Problem der preuβisdh-polnischen Nachbarschaft" (K. ZERNACK) einen dunklen und nicht kurzen Schatten geworfen haben. Mit dieser Abhandlung mochte ich die historische Bedeutung der problematischen Lage, die man sozusagen als "deutsch-polnische Beziehungsgeschichte und Fideikommiβfrage" bezeichnen konnte, und die ein wichtiges Moment der europaischen Grundeigentumsprobleme wahrend des ersten Weltkriegs darstellte, systematisch erforschen. Dazu soll der Entwicklungsprozeβ der Landpolitik als eine Achse "negativer Polenpolitik" (K. ZERNACK) im wilhelminischen Kaiserreich, insbesondere die gewaltsame Durchfuhrung der Enteignungspolitik von 1907/12, geschichtlich analysiert und die Einzelfalle der Fideikommisse aufgrund der zahlreichen Archivalien, die das "Deutsche Zentralarchiv, Dienststelle Merseburg" besitzt, positiv untersucht werden. Dazu ware folgendes in Betracht zu ziehen: (1) wenn man den sozialokonomisch-politischen Hintergrund der hiesigen Fideikommiβfrage erklaren will, so muβte zunachst danach gefragt werden, wie man sich uber die Umstande um das Zustandekommen des Enteignungsgesetzes, das besagte, daβ polnische Grund-stucke der Ostmarken auf dem Wege der Enteignung zu erwerben seien, als erste notwendige Vorbereitungsarbeit am besten einen Uberblick verschaffen kann. (2) Unsere zweite Aufgabe besteht dann darin, eine realistische Darstellung von dem Verlauf zu geben, den ein deutsches Fideikommiβ bis zur Erlangung der landesherrlichen Genehmigung im Jahre 1916 genommen hat. (3) Uberdies mussen wir mit allem Nachdruck feststellen, daβ vor Ausbruch des Weltkriegs, im Jahre 1912, die sehr groβe Fideikommiβ-Herrschaft eines polnischen Magnaten von der preuβischen Regierung tatsachlich eingezogen und, weil im Besitz des preuβischen Fiskus, schlieβlich an die deutsch-preuβische Ansiedlungskommission abgetreten wurde. Mit einigem Recht kann man wohl sagen, daβ diese Angelegenheit de facto eine tragische Landenteignung war. (4) Zum Schluβ mochte ich meine eigentlichen Untersuchungen darlegen, um die Gesamtheit des uns beschaftigenden Problems zusammenzufassen.
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