Ich behandelte in diesem Aufsatz die Entstehung des aktiven Perfekts der deutschen Sprache und die folgenden damit zusammenhängenden Fragen: 1) Verbindung des imperfektiven Intransitivs mit der
haben-Umschreibung. 2) Genus des Part. Prät. des imperfektiven Intransitivs. 3) Infinitiv als Part. Prät. 4) Erweiterung der
sein-Umschreibung. 5) Überwiegen des Perfekts über das einfache Präteritum. 6) Zusammenhang mit der passiven Perfektumschreibung. In dieser Zusammenfassung beschränke ich mich nur auf kurze Erklärung der Stellen, wo meine eigenen Ansichten vorkommen.
a) Zum gotischen Perfekt: Man nimmt gewöhnlich an, daß das Gotische noch kein Perfekt besessen habe, weil erstens Belege der Umschreibung selten sind, zweitens Part. Prät. immer adjektivisch flektiert sind, drittens die
haben-Umschreibung stets vom Akkusativ-Objekt begleitet ist. Diese Argumente können aber keine unbedingte Sicherheit beanspruchen. Nach der Ansicht von W. Wilmanns ließe sich vielleicht das Beispiel,
"sô baurgs alla garunnana was at daura“ für ein Perfekt halten, weil das Part. mehr verbal als adjektivisch aufgefaßt werden könnte. Dieser Zweifel sollte meiner Meinung nach ausgedehnt werden auf alle anderen Beispiele:
"sa skatts peins, panei habaida galagidana in fanin“,
"gatandida habandane svesa mipvissein“, u.a.
b) Zum ahd. Perfekt: In bezug auf die althochdeutsche
haben-Umschreibung sieht man die Bedeutung des Perfekts nicht in Beispielen wie
"thia ih habêta gihaltana in sueizduohe“ (Tatian) oder
"phîgboum habêta sum giflanzôtan“ (Tatian), sondern nur in Beispielen wie
"iu habêt sia forlegana in sînemo herzen“ (Tatian),
"si eigun mir ginomanan liabon druhtîn mînan“ (Otfried), usw. Dieser Unterschied der Deutung kommt davon, daß sich in
haben des ersteren Typs der Sinn von
besitzen erkennen läßt, während er im letzteren schwer erkennbar ist. Nach dieser Ansicht müßten aber alle Beispiele, deren
haben als
besitzen gedeutet werden kann, nie das Perfekt bezeichnen. Da wir aber auch mit der Möglichkeit rechnen müssen, daß solche auch im Sinne des Perfekts gebraucht wurden, wäre es gescheiter, im ersteren Typ zu vermeiden, den Schluß auf Perfekt oder Nicht-Perfekt zu ziehen und sich damit zu begnügen, darin den ursprünglichen Bau der
haben-Umschreibung zu sehen.
c) Zum Genus des Part. Prät.: Das Genus des Part. Prät. des imperfektiven Intransitivs hielt O. Erdmann für passiv, Th. Jakob hingegen für aktiv. Diese Jakobsche Argumentation wurde später von O. Behaghel mit Recht widerlegt. Der Ausgleich kann meines Erachtens folgendermaßen getroffen werden. Bei den Umschreibungen der Verba anderer Art, d.h. des Transitivs und des perfektiven Intransitivs, hatte ursprünglich das Part. Prät. adjektivischen Charakter, weil die Umschreibungen zunächst einen Zustand, nicht aber einen Vorgang bezeichneten (er hat es gefangen=er hat es als Gefangenes; er ist gekommen=er ist ein Gekommener). Sein Genus war in der
haben-Umschreibung des Transitivs notwendigerweise passiv und in der
sein-Umschreibung des Intransitivs aktiv. Dagegen wurde die Umschreibung des imperfektiven Intransitivs später nach der
haben-Umschreibung des Transitivs gebildet, und damit entstand auch erst das Part. Prät. Gemeint ist die Imitation der Form. Deswegen kann
haben in dieser Umschreibung keinen Sinn van
besitzen enthalten, und das Part. Prät. besitzt auch deswegen weder die Eigenschaft des Adjektivs noch irgendwelches Genus.
d) Zum Übergewicht der
sein-Umschreibung: Während im Englischen
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