die Deutsche Literatur
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Volume 59
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  • EIDEN HAMANAKA
    1977Volume 59 Pages 1-10
    Published: October 01, 1977
    Released on J-STAGE: March 28, 2008
    JOURNAL FREE ACCESS
    Im Mittelpunkt steht die Marquise von O, um sie herum mehrere Haupt-und Nebenfiguren. Die Geschichte dieser Frau, ihr seltsames Schicksal wird sehr lückenhaft und mangelhaft nacherzählt. Drei Jahre nach dem Tode ihres Gemahls, des Marquis von O, die sie in größter Eingezogenheit verbracht hat, bricht plötzlich der Krieg aus. Dieser Krieg bestimmt nunmehr das gauze Schicksal der Dame, ohne daß, wie mir scheint, these Schichsalsbeziehung als notwendig aufgezeigt wird. Der Kausalnexus zwischen ihnen ist locker. Auch ohne Krieg hätte das Ereignis geschehen können. Auch die Schilderung des Kriegs ist zu schmal und absichtlich einseitig. Es hat nicht viel gebraucht, daß die Truppen fast aller Mächte sich auf diesem Fleckchen Land sammelten. Ich möchte glauben, daß man den Krieg einfach aus dem Ganzen lösen and aus dem Rest allein eine hübsche Anekdote machen könnte. Wir kennen von dem Dichter schon mehrere solcher Anekdoten: "Anekdote aus dem letzten preußischen Kriege“, "Anekdote aus dem letzten Kriege“, und besonders: "Sonderbare Geschichte, die sich, zu meiner Zeit, in Italien zutrug“.
    Anders beim "Erdbeben in Chili“. Hier beginnt das neue Schicksal beider Geliebten erst mit dem unerhörten Ereignis, dem Erdbeben in St. Jago, der Hauptstadt des Königreiches Chili vom Jahre 1647; das Erdbeben begleitet das Schicksal derr beiden von Anfang bis zum Ende, bis zu ihrem Tode. Das Erdbebcn offenbart nicht nur das Schicksal der Geliebten, ihr zweitagelanges, schreckliches und glückliches Leben auf der Erde, sondern auch die menschliche Natur überhaupt, ihre Schönheit und Häßlichkeit, ihre Liebe und ihren Haß, ihre Weitherzigkeit und Engherzigkeit, ihren Himmel und ihre Hölle, kurz: eine menschliche Welt. Anders auch bei "Der Findling“. Hier bestimmt der Brand von Elvierens Elternhaus ihr ganzes Schicksal, ihre lebenslange keusche Untreue zu ihrem alten Mann (dies ist auch ihr Schicksal!). Ihr Mann und ihr Stiefsohn umkreisen sie nur.
    Heinz Politzer schreibt in der Zusammenfassung seiner langen Abhandlung "Der Fall der Frau Marquise von O…“: "Ausgehend von einer Sprachanalyse Kleists, wird der von der Kleist-Kritik bereits absorbierte Begriff des, Unbewußten‘ auf das Freudsche Modell menschlicher Psyche-, Es‘, , Ich‘ und, Über-Ich‘-ausgedehnt. Damit tritt eine Akzent-Verschiebung in der Erzählstruktur ans Licht: die, Versöhnungsszene‘ zwischen Vater und Tochter erweist ihre axiale Funktion und stellt die Balance zwischen Anfang und Ende der Geschichte her.“
    Die Sprachanalysen sind sehr streng und genau. Einige Beispiele werden genügen: "Gott, mein Vater! rief die Marquise; ich war einmal in der Mittagshitze eingeschlummert, und sah ihn von meinem Divan gehen, als ich erwachte…“ Dem Schreckensruf "Gott, mein Vater“ begegnet man bei Kleist auch in dem "Findling“; dort, wo die kleine Klara vor dem Bild des Geliebten Elvierens stand und in den Ruf ausbrach. Nur diese zwei Male vielleicht. Ich glaube, dieser Ausruf bedeutete nur "mein Gott“ in beiden Fällen. Politzer sagt aber:
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  • SHIGERU FUKAMI
    1977Volume 59 Pages 11-21
    Published: October 01, 1977
    Released on J-STAGE: March 28, 2008
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    (1) Das "Bild“ der Wölbung (Benno von Wiese) kommt im, Erdbeben in Chili‘ nur einmal vor; dennoch ist es ein Schlüsselbegriff für dieses Werk, ja für Kleists ganze dichterische Welt: Es gehört zu jenen Gedanken- und Bildkomplexen, die er in seinen Werken und Briefen ständig wiederholt und die auf den ersten Blick leicht verstehbar zu sein scheinen. Tatsächlich jedoch sind sie so vieldeutig und schillernd, daß sie recht verschiedenartig interpretiert worden sind.
    (2) Bei meinem Versuch, den Bild- und Symbolgehalt von "Wölbung“ und "Gewölbe“ nicht von einem übergeordneten Gesichtspunkt her, sondern vom Gehalt und von der Struktur des Werkes selbst her zu verstehen, kam ich zu folgendem Ergebnis: Er läßt sich im wesentlichen unter drei Aspekten betrachten: 1) Die Wölbung besteht nur einen kurzen Augenblick lang ("nur in einer verschwindend kleinen Zeitspanne“-B.v. Wiese); 2) Antinomie zweier Kräfte in der Wölbung ("die Paradoxie von Rettung und Vernichtung“-Klaus Müller-Salget) und 3) die Wölbung als apokalyptisches Symbol ("[ein apokalyptischer] Untergang, der dennoch […] in der Schwebe bleibt und jene, Seligkeit‘ im Tal gewährt, , als ob es das Tal von Eden gewesen wäre‘“-B. v. Wiese).
    (3) Unsere Untersuchung führte uns dazu, die drei Aspekte allgemeiner zu fassen: 1) Alles geschieht nur im Augenblick; 2) der Charakter dieses Augenblicks ist ambivalent; 3) in Kleists Weltbild gibt es eine dialektische Beziehung zwischen Augenblicklichkeit und Unendlichkeit. Kleists zentraler Gedanke, der sich hier ausspricht, wurde sehr verschiedenartig verstanden. Emil Staiger sieht darin ein Charakteristikum des "dramatischen“ Dichters: Wie im Drama alle Teile auf den Schluß hin angelegt sind, so geht auch in der Novelle eines Dramatikers "jede Handlung gewissermaßen schwanger mit der Zukunft, die der Anfang schon gezeugt und die das Stück allmählich einholt“. Wenn es möglich wäre, würde ein "dramatischer“ Erzähler sozusagen alles in einen Satz zusammendrängen, in den Hauptsatz einen riesigen und mannigfach unterteilten Nebensatz einschieben und erst am Schluß das im angefangenen Hauptsatz Antizipierte "einholen“. Damit bezeichnet Staiger dieselbe Ambivalenz, die auch, wie wir gesehen haben, das Phänomen "Wölbung“ bestimmt: Dem "eingeschobenen Nebensatz“ entspricht dabei die durch die "zufällige Wölbung“ ermöglichte Rettung Jeronimos. Wiese geht noch weiter. Er gibt dem Wölbungssymbol-wie Kleists ganzem Werk-eine eschatologische Deutung. Demnach steht der Mensch zwischen dem verlorenen und dem künftigen Paradies, in seinem Leben wiederholt sich gleichsam der Sündenfall, der blitzartig erlebt wird und doch zugleich ewig ist, da er den Sinn der Geschichte und des Weltalls enthält. Die sogenannte existentialistische Richtung argumentiert ähnlich: Die Höhepunkte in Kleists Werk sind die Stellen, wo absolutes Vertrauen die Identität von Ich und Du möglich macht. Nach Gerhard Fricke z.B. ist es dem Dichter im wesentlichen nur um diese "Inseln“ zu tun, alles andere sei nur "Hilfskonstruktion“. Unsere Interpretation des Symbols "Wölbung“ ist nur eine andere Umschreibung desselben Phänomens. Hans Mayer sieht es historisch ("der geschichtliche Augenblick“).
    (4) Tatsächlich können wir Kleists Leben und Werk in dieser Spannung zwischen dem "Nichtmehr“ und dem "Nochnicht“ (Mayer) sehen, und zwar in biographischer wie in literarischer Hinsicht.
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  • HIROMI MATSUMURA
    1977Volume 59 Pages 22-32
    Published: October 01, 1977
    Released on J-STAGE: March 28, 2008
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    In den bisherigen Interpretationen des "Findlings“ betrachtet man zuwenig die Realität der Gestalt Nicolos, eines Findlings. Nicolos Gestalt ist zwar sehr negativ, seine "schändliche“ Leidenschaft, seine "satanisch“ geplante Übeltat scheint menschlich fast unverständlich, als ob Kleist hier nur etwas Diabolisches darstellte, um für seine innere Hölle ein Gleichnis zu geben; doch finden wir zugleich in Nicolos Gestalt das negativ orientierte, durch verschiedene Negationen bestimmte Dasein, besonders im Kontext Kleistscher Dichtung, die die gestörte Beziehung zwischen Menschen wiederholt prüft und darstellt. Die einleitende Absicht dieses Versuchs ist zu erklären, wie der Erzähler Kleist Nicolos Realität, das weder von außen noch durch sich selber gerechtfertigte Dasein, konstruiert und sein inneres Drama darstellt.
    Die Geschichte des "Findlings“ enthält drei voneinander unabhängige Lebensgeschichten, nämlich die Geschichte der drei Hauptpersonen, des alten Güterhändlers Piachi, seiner jungen, zweiten Gattin Elvire, und des Findlings Nicolo. Den Rahmen der Erzählung bildet der Lebenskontext Piachis, seine Perspektive nämlich den Grund für die Oberschicht der ganzen Erzählung. So liest der Leser dieser Erzählung zuerst die Geschichte eines guten Landmäklers, der einen von einer pestartigen Krankheit angesteckten Knaben holt und dem Gutes mit Bösem vergolten wird. Viele Interpreten erklären zwar die verschiedenen Gestalten Nicolos, doch kaum seine eigene Lebensgeschichte; als ob die Gestalt Nicolos seinen Lebenskontext ausgeschlossen hätte; als ob sein teuflisches Handeln seine menschliche Lebensperspektive undurchdringlich gemacht hätte. Diese Gestalten Nicolos verstehen wir als die, die eigentlich der Perspektive Piachis angehören, die durch die selbstverständliche Alltäglichkeit der Welt bestimmt wird. Uns scheint, als würde Nicolos Perspektive an sich durch Piachis Perspektive durch und durch verneint und erstickt. Nicolos Lebenskontext aber gibt uns der Erzähler durch ein genau festgelegtes Gefüge der Tatsachen. Es scheinen die negativen Beziehungen Nicolos, zu Piachi einerseits, zu Elvire andererseits, so konstruiert, daß sie die unmenschliche Gestalt Nicolos-sowohl das beleidigte Selbstgefühl wie die als schändlich selbstbewußte, satanische Leidenschaft-aus seinem gestörten Familienverhältnis begründen. Erstens wird Nicolos Dasein als Findling aus der Beziehung zu Piachi begründet. Schon in der Szene der ersten Begegnung lesen wir, wie Nicolo Piachi, den Alten erlebt. Hier zeigt der Alte dem Knaben Nicolo, bevor er ihm die rettenden Hände gibt, die fürchterlichen, ablehnenden Hände, die ihm "weit von sich schleudern“ wollen. Aus den Bildern Piachis auf allen Schauplätzen der Beziehung zu Nicolo sehen wir das zwischen Verweigern und Annehmen schwankende, impulsive Verhalten und die selbstgerechte, gegen andere Gefühle verschlossene Empfindsamkeit des Alten, die vermutlich die natürliche Kommunikation zwischen beiden unmöglich machen. Die nächste Partnerin der Lebensgeschichte Nicolos ist Elvire, die junge Pflegemutter. Von ihr bekommt Nicolo alltäglich einen "gleichgültigen“, "nichtsbedeutenden“ Blick, ein "mildes, von Affekten nur selten bewegtes Antlitz“ und daher keine mütterliche, vertraute Miene. Weil sie ihn nur mit einem ausdruckslosen Blick anschaut, entsteht wahrscheinlich in ihm das Bild eines negativen Ichs ohne Du: kurz, weder von der Pflegemutter noch vom Pflegevater empfängt er ein Vertrautscin, sondern sein Ich wird unbeachtet und abgelehnt ohne Anerkennung seiner Persönlichkeit.
    Nach dem 11. Absatz
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  • Pause“ in Kleists Dramen">Zur Charakteristik der "Pause“ in Kleists Dramen
    SHIRO NAKAMURA
    1977Volume 59 Pages 33-43
    Published: October 01, 1977
    Released on J-STAGE: March 28, 2008
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    In den Dramen der deutschen Klassiker (z.B. Goethes "Tasso“, Schillers "Wallenstein“) bildet der große Monolog des Helden, in dem seine Gefühle oder Gedanken genau ausgedrückt werden, einen Höhepunkt oder Wendepunkt der dramatischen Handlung. Dagegen ist es bekannt, daß sich der Monolog bei Kleist durch Kargheit und Sparsamkeit auszeichnet. Auch führen Guiskard wie Penthesilea ihre eindrucksvollen Reden fast immer in einem Spannungsverhältnis zu irgendeinem Partner. Wenn man dazu noch, gleichsam als Gegenpol des selbstäußernden Monologs, die dramatische Situation des Schweigens bzw. die vom Dichter angewiesene Pause berücksichtigt, ist die Eigenheit des Selbstausdrückens der Kleistischen Gestalten deutlich zu erkennen.
    Zwar kann man auch in Schillers Dramen viele Pausen finden. Aber diese sind meist mit Bühnenanweisungen wie "in tiefem Nachdenken“, "in Nachsinnen verloren“, "in tiefen Gedanken verloren“, "sich besinnend“ u. a. austauschbar. Sie bedeuten also eine "nachdenkende Pause“, mit anderen Worten: eine auf den selbstbewußten Willensakt zielend reflektierende Zeitspanne. Es läßt sich daher leicht vermuten, daß der sogenannte Reflexionsmonolog bzw. Konfliktsmonolog solche Pausen des Nachdenkens in sich einschließen kann. Tatsächlich findet man ein typisches Beispiel im Monolog Fieskos im neuzehnten Auftritt des zweiten Aktes, und ein noch treffenderes im bekannten Monolog Wallensteins im vierten Auftritt des ersten Aktes von "Wallensteins Tod“. Hier wie dort wird das lange Selbstgespräch des Helden durch einige Pausen nur scheinbar unterbrochen und zerteilt. In Wirklichkeit wird der Monolog dadurch vielmehr weitergeführt und entwickelt. Das heißt: gerade während der Pause vollzieht sich der Übergang vom Gedanken zur Sprache. Ähnliches findet sich auch in Tassos Monologen des vierten und des fünften Aktes, obwohl sie, im Vergleich mit Wallenstein, einen stärker lyrischen Zug haben. Nicht zufällig zeigen gerade und nur diese wichtigen Monologe die durch eine Art der Pause getrennten, unregelmäßigen Strophenformen. Auch hier wird der Monolog durch die dazwischenliegenden Pausen, während deren die seelischen Vorgänge des Helden nach der sprachlichen Gestalt tasten, weiter herausgebildet.
    Bei Kleist verhält sich die Sache ganz anders. Allerdings sind nicht alle Pausen, die man in Kleists Werken findet, von Kleistischer Eigenart. In seinen beiden Lustspielen gibt es sogar keine Pausen. Das rührt wohl daher, daß die Pause dem Lustspiel prinzipiell nicht angemessen erscheint. Dagegen wird die Kunst der Pause häufig, insbesondere in "Penthesilea“, "Käthchen“ und "Homburg“ eigentümlich und wirkungsvoll eingesetzt. Statt des Monologes spielt hier die Pause eine wichtige Rolle. Sie bedeutet bei Kleist einerseits einen Zeitraum, in dem das transzendente Wesenoft in einer glänzenden himmlischen Gestalt-die alltägliche Wirklichkeit berührt. Ein gutes, anschauliches Beispiel dafür findet sich im vierzehnten Auftritt des dritten Aktes von "Käthchen“. In dieser zwischen zwei Pausen gestellten Szene erscheint der glänzende Engel Cherub leibhaftig auf der Bühne und schirmt das Mädchen gegen die Feuer ab. In derdurch zwei Pausen begrenzten Szene (I, 1) hat Homburg ebenfalls ein beglückendes Erlebnis der himmlischen Wirklichkeit. Andererseits aber ist die Pause bei Kleist gewissermaßen das Kraftfeld, in dem das Unbewußte oder Unterbewußtsein durch den Traum, Schlaf oder Somnambulismus aktiviert wird.
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  • Spiegel und Hohlspiegel
    SOICHIRO ITODA
    1977Volume 59 Pages 44-54
    Published: October 01, 1977
    Released on J-STAGE: March 28, 2008
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    Die Gleichnisse, an denen das Thema der Kleistschen Marionettentheater-Arbeit entwickelt wird, haben, wie M. Durzak behauptet, die Bedeutung platonischer Mythen. An ihnen werden die Probleme der Erkenntnistheorie entwickelt, die mittels "der begrifflichen Darstellung“ und "der logischen Deduktion“ nicht gelöst werden können. Durzak sagt, in der Marionettentheater-Arbeit setze sich Kleist an dem Mythos des Spiegels usw. mit den Problemen der Erkenntnistheorie auseinander, die im engen Verhältnis zu seiner Dichtung stehen. Der vorliegende Aufsatz macht es sich zur Aufgabe, den Sinn des Mythos des Spiegels und des Hohlspiegels, an denen Kleist seine Probleme der Erkenntnistheorie sehr knapp entwickelt, aufzuklären und der Frage nachzugehen, in welchem Verhältnis zu seiner Dichtung seine erkenntnistheoretischen Probleme stehen.
    In bezug auf den Mythos des Spiegels wird die folgende Episode berichtet: der Jüngling, der sein Bild im Spiegel gesehen hatte, versuchte nun die Pose des Dornausziehers zu imitieren und fing an, "tagelang vor dem Spiegel zu stehen“, und verlor so seine Grazie und die paradiesische Unschuld, die er gehabt hatte, bevor er in den Spiegel sah. Der Mythos des Spiegels bringt hier das Problem des Bewußtseins gleichnishaft zum Ausdruck: daß der Jüngling sein Bild im Spiegel gesehen hat, bedeutet, er habe Bewußtsein gewonnen. Indem er Bewußtsein gewonnen hat, verliert er seine Grazie, d.h. die Gnade Gottes und das Paradies. Diese Episode spiegelt nämlich die Situation, in der sich der Mensch seit dem Sündenfall befindet.
    Um diese Episode besser zu verstehen, müssen wir nun die sogenannte Kantkrise berühren; durch die Begegnung mit der Kantischen Philosophie verfiel er auf den Gedanken, daß der Mensch das, was Gott bei der Schöpfung bestimmt habe, nicht empirisch erkennen könne und deswegen die Erfahrungscrkenntnis des Menschen beschränkt sei. Diese ist deshalb beschränkt, weil wir nicht das "Ding an sich“, sondern nur das Vorstellungsbild von den Dingen, das das Bewußtsein vor uns hinstellt, erkennen können. Das "Ding an sich“ ist das Übersinnliche und also das Göttliche. Der Mensch kann das Göttliche nicht erkennen, solange er nur das Bild, das das Bewußtsein vor ihm hinstellt, erkennt. Diese Kantkrise spiegelt sich in der oben erwähnten Episode wider. Wie der Jüngling die Gnade Gottes und das Paradies verliert, so verliert der Mensch das Göttliche, nachdem er einmal Bewußtsein gewonnen und empirisch zu erkennen begonnen hat. Von diesem Schicksal des Menschen sagt Kleist: "seitdem wir von dem Baum der Erkenntnis gegessen haben“, sei "das Paradies verriegelt und der Cherub hinter uns.“
    An dem Mythos des Spiegels entwickelt so Kleist die Probleme der Erkenntnistheorie, die in der Kantkrise entstanden sind: Die Kantkrise hat "die produktiven dichterischen Kräfte in ihm gelöst und befreit“ (E. Cassirer) und ihn zum dichterischen Schaffen angeregt. Aber die wichtigste Frage, die Kleist in der Marionettentheater-Arbeit an sich stellt, ist die Frage, wie der Mensch das Paradies wiederfinden kann. Diese ist auch die Frage, wie die erkenntnistheoretischen Probleme, die in der Kantkrise entstanden sind, gelöst werden können. Kleist sagt, der Mensch könne dann das Paradies wiederfinden, "wenn die Erkenntnis gleichsam durch ein Unendliches gegangen ist“. Hier müssen wir darauf achten, daß Kleist in bezug auf diesen merkwürdigen Vorgang den Mythos des Hohlspiegels und der Linie verwendet. Der Mythos des Hohlspiegels ist umso wichtiger, nachdem er schon an dem Mythos des Spiegels das Problem des Bewußtseins entwickelt hat. Nach diesem Mythos wird das Hindurchgehen
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  • YOSHIMI KUDO
    1977Volume 59 Pages 55-65
    Published: October 01, 1977
    Released on J-STAGE: March 28, 2008
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    Häufig verwendet Kleist bestimmte Redewendungen formelhafter Art. In den Erzählungen Kleists kann man insgesamt 46 Beispiele der "dergestalt, daß“-Konstruktion finden, ausgenommen, wenn "dergestalt“ selbständig als eigentliches Adverb verwendet ist.
    Wenn man diese Beispiele untersucht, so findet man die vier folgenden Merkmale: 1) Zwischen diese Konstruktion und den Vordersatz legt der Dichter meistens das Semikolon (24 Beispiele), dann den Doppelpunkt (13) und schließlich das Komma (9). 2) Zwischen mehreren mit Semikolons kolons getrennten Vordersätzen und dieser Konstruktion steht ein Doppelpunkt. 3) Der Dichter schreibt im Vordersatz 8mal die Wendung "auf eine-Weise“ oder andere auf Grad bzw. Weise deutende Worte, die in enger Beziehung zu dieser Konstruktion stehen. 4) Im Vordersatz steht manchmal (9mal) die "es-, daß“-Konstruktion (besonders "es traf sich-, daß“).
    Eigentlich kann ein Semikolon anstelle des Kommas stehen, wenn die Trennung stärker zum Ausdruck kommen soll. Darum ist es notwendig für Kleist, der das Komma viel häufiger als andere Dichter verwendet, auch das Semikolon öfter zu verwenden, wenn er die Gliederung stärker ausdrücken will. Wenn er die Abgrenzung noch schärfer zum Ausdruck bringen will, muß er dann den Doppelpunkt statt des Semikolons stellen. Wenn der Vordersatz und die "dergestalt, daß“-Konstruktion, die den Konsekutivsatz einleitet, mit einem Doppelpunkt getrennt werden, soll die Bedeutung der Folgerung stärker als bei einem Semikolon werden, geschweige denn mit einem bloßen Komma. Denn ein Doppelpunkt faßt eine vorangehende Aneinanderreihung von Feststellungen zusammen, zieht eine Folgerung daraus oder stellt eine überraschende Wendung gegenüber dem Vorangehenden dar. Darüber sagt Emil Staiger mit Recht: "…indem ein Doppelpunkt oder das bei Kleist so beliebte“ dergestalt, daß "den Hauptsatz zur bloßen Voraussetzung des Nebensatzes hinunterdrückt.“
    Kleist spricht oft über den Irrtum, der vom Bewußtsein des Menschen verursacht wird, und das menschliche Dasein, das diesem Irrtum nicht ausweichen kann. Aber der Mensch kann sich nicht mehr in ein Eden zurückziehen. Wie muß der Dichter beim Dichten vorgehen? Kleist sucht eine echte Form, die den Geist augenblicklich und unmittelbar daraus hervortreten läßt. Er findet eine Antwort darauf, daß ein Dichter sich beim Dichten bemühen muß, den Irrtum oder den Übelstand möglichst zum Verschwinden zu bringen. Womit läßt er sie verschwinden? Mit seinem Verstand. Den Irrtum, der vom Bewußtsein, Verstand verursacht wird, macht der Dichter durch den Verstand verschwinden. Hans Heinz Holz stellt in einer Analyse eines Satzes, mit dem der Verlauf vom werdenden Gedanken beim Reden mitgeteilt wird, fest, daß uns darin die dramatische, komplizierte Ausformung des werdenden Gedankens gleichsam vorexerziert wird und Kleist darin "den Beweis seiner These liefert, indem er sie formuliert.“
    Kleist bedurfte dieser Form. Er reißt seine Leser in seine Geschichten hinein. Was geschieht, ist zwingend. Deshalb eilt mit der Handlung auch der Stil. Er bedurfte dieser Wirkung, dieser Form, und deswegen auch der Satzverschränkung, mit der er die Leser vorantreibt. Die "dergestalt, daß“-Konstruktion gehört zu diesen Satzverschränkungen.
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  • Aus Briefen H. v. Kleists
    KEI NAKAMURA
    1977Volume 59 Pages 66-76
    Published: October 01, 1977
    Released on J-STAGE: March 28, 2008
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  • TETSUO SEKI
    1977Volume 59 Pages 77-85
    Published: October 01, 1977
    Released on J-STAGE: March 28, 2008
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    Die Betrachtungen über die Geschichte der Literaturwissenschaft im 19. Jahrhundert sind sich, so sehr sie auch von verschiedenen Standpunkten ausgehen, in einem Punkt einig: die Wissenschaftswerdung der Literaturgeschichte beginnt mit G. G. Gervinus' "Geschichte der poetischen National-Literatur der Deutschen“, die zwischen 1835 und 1842 in Leipzig erschien. Die Neuartigkeit der Literaturgeschichte von Gervinus besteht darin, daß erstmals eine Gesamtdarstellung der deutschen Literaturgeschichtc den Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erhebt.
    Die Problematik dieser Wissenschaftlichkeit sowohl auf der historisch-politischen als auch auf der theoretisch-systematischen Seite zu erforschen, ist mein Thema. Gervinus sagt in der Einleitung zu seinem Buch: "Die Geschichte der deutschen Dichtung schien mir ihrer inneren Beschaffenheit nach eben so wählbar, als ihrem Werte und unserem Zeitbedürfnis nach wählenswert. Sie ist, wenn anders aus der Geschichte Wahrheiten zu lernen sind, zu einem Ziel gekommen.“ Dieses Ziel liegt in der Aufforderung und Belehrung, die deutsche Nation solle ihre Kräfte, statt aufs Dichten und Philosophieren, aufs Handeln verlegen. So ist denn das Werk über die Geschichte der Literatur ein Werk über die Politik der Gegenwart. Gervinus schrieb seine Literaturgeschichte nicht anstelle eines Buches über Politik auf geschichtlicher Grundlage, sondern er schrieb das Buch über die geschichtliche Grundlegung gegenwärtiger Politik als Buch über die Literaturgeschichte. Ihm war die Literaturgeschichte zur Propagierung seiner politischen Auffassung am geeignetsten, denn die Literaturgeschichte schien ihm ein Ziel erreicht zu haben, "von wo aus man mit Erfolg ein Ganzes überblicken, ja einen erhebenden Eindruck empfangen und die größte Belehrung ziehen kann.“ (Einleitung)
    Aber seine politische Auffassung kommt von einem einseitigen Standpunkt her. Gervinus' Interessen an der Nation beziehen sich nicht auf die Interessen der gesamten Nation. Die politische Bewegung, die er mit seiner Literaturgeschichte unterstützen will, wurzelt in den Vorstellungen einer konstitutionellen Monarchie. Ein konstitutionelles Kleindeutschland mit Preußen an der Spitze, das war das politische Ziel seiner Aktivitäten. Deswegen werden auch in Gervinus' Literaturgeschichte nicht die Interessen der gesamten Nation, sondern die Interessen des größten Teils des Bürgertums im deutschen Vormärz dargestellt; in seinem Werk dominiert die Neigung zur Propagierung des Bürgertums über die Neigung zur Wissenschaftlichkeit.
    Ebenso wie die politischen Widersprüche von Gervinus haben die Widersprüche im theoretisch-systematischen Bereich wichtige Konsequenzen für seine literarhistorische Praxis. Sein anspruchsvolles Ziel, "die Entstehung der Kunstwerke aus ihrer Zeit“ zu zeigen, kann Gervinus nur in Einzelfällen treffen. Die durchgängige Realisierung dieses Ziels war auf seiner methodologischen Grundlage nicht möglich. Sie ist nicht zuletzt auch wegen seiner schematischen Geschichtsauffassung ausgeschlossen. Den wichtigen Momenten seiner Geschichtstheorie entspricht das zentrale Wertungskriterium der "Zeitgemäßheit“: der Dichter wird danach beurteilt, ob er die Ideen seiner Zeit aufgenommen und vorangetrieben habe, oder ob er ihnen weft vorausgeeilt oder gar hinter ihnen zurückgeblieben sei. Nach diesem Wertungskriterium kann Gervinus im wesentlichen nur die politische Haltung der Autoren, nicht aber die ästhetische Qualität ihrer Werke beurteilen. (Demnach wird besonders Goethes Faust, Zweiter Teil, sehr unterschätzt.) Anderseits legt er weitere, von der "Zeitgemäßheit“ unabhängige Kriterien an, um Werke durch Vergleichung mit anderen zu kritisieren.
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  • YASUO ARIIZUMI
    1977Volume 59 Pages 86-97
    Published: October 01, 1977
    Released on J-STAGE: March 28, 2008
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    "Natur in der Dichtung, so lautet eines der beliebten Themen der Philologie.“-Dieser Satz steht am Eingang des Buchs "Der Natureingang in Minnesang und frühem Volkslied“ von Barbara von Wulffen. In der Tat haben viele Forscher bisher in der deutschen Mittelalterforschung dieses Thema behandelt. L. Uhland, der ziemlich eingehend die Natur in der Dichtung in seiner Abhandlung üiber den deutschen Minnesang behandelt, schätzt die Natur als den wichtigsten Halt und Grund des Minnesangs und glaubt, daß die Naturdichtung nicht bloß ruhige Bilder der Beschauung hingebe. Hier sei Handlung und lebendige Bewegung. Und wenn wir das Zerstreute im Zusammenhang ergreifen wurden, so fänden wir die Früh-lings- und Liebeslust vom schüchternen Schlage des ersten Vögeleins und vom leisen Seufzer des einsam wandelnden Liebenden bis zum rauschenden Wirbel des Tanzes unter blühender Linde und zum lautesten Jubel beglückter Liebe in fortschreitender Handlung durchgeführt. Auch aus der Romantik gibt es zahlreiche Bemerkungen über dieses Thema.
    Abgesehen von diesen Bemerkungen beginnt eine selbständige Behand-lung des Themas "Natur“ und "Naturschilderung“ mit Biese und Lüning; es folgen Haakh, Ganzenmüller, Schneider, Curtius, und neulich Wulffen, Goheen. Alle Forscher haben das Thema Natur von verschiedenen Seiten untersucht. Lüning und Haakh haben ein sogenanntes Naturgefühl, und zwar ein "germanisches Naturgefühl“ untersucht. Schneider hat die Probleme der Naturdarstellung in der Dichtung erforscht. Diese Forschungs-richtungen befassen sich einerseits mit einem kulturgeschichtlichen Problem in psychologischer Färbung und suchen in deduktiver Methode eine kulturgeschichtliche Einsicht an einzelnen aus dem Zusammenhang genommenen Textstellen zu erklären. Andererseits, obwohl die Forschungs-richtung von Schneider z.B. sich mit dem wichtigen literaturgeschichtlichen Problem der Erfahrung und Darstellung von Wirklichkeit befaßt, hat sie den Nachteil, daß sie zwar alle unter das Thema Natur fallenden Stellen sammelt, deutet und historisch einordnet, dabei aber die Gestalt der einzelnen Werke völlig auflöst und übergeht.-So kritisiert Wulffen die bisherigen Untersuchungen. Sie ist der Meinung, die Untersuchung über die Natur in der Dichtung könnte sinnvoll sein, wenn sich die Arbeit mit der mittelalterlichen Naturdarstellung weder von der historisch-topischen, noch von der kulturhistorischen Seite befaßt, sondern sic als Gestaltproblem zu nehmen versucht, sie miteinander vergleicht und ihre Funktion im Zusammenhang des Werkes betrachtet.
    Ich habe in dieser kleinen Abhandlung über "die Naturschilderung in der Lyrik Walthers und Neidharts“ einige Eigentümlichkeiten der Schilderung in der Lyrik beider Dichter und auch die Stellung beider Lyriker in bezug auf Sommer und Winter untersucht.
    Bei Walther treffen wir oft Ausdrücke dieser Art: sumer unde winter beide sint guotes mannes trôst, der trôstes gert. Sommer und Winter werden hier nur geschätzt, je nachdem, ob sie den Liebenden trösten oder nicht. Irgendeine Begeisterung für den kommenden Frühling und den hingegangenen Winter können wir aus diesem Ausdruck nicht herauslesen. Eine Stellung Walthers gegen die Jahreszeit ist, so können wir sagen, Gleichgültigkeit gegen die Jahreszeiten. Im Lied von L. 92, 9 finden wir auch den Lieblingsgedanken des Minnesangs, die Frauenliebe sei viel größer als der Vogelsang.
    Aber nachdem Walther den Wiener Hof verlassen und die Lieder der Vaganten (fahrender Kleriker) kennengelernt hat, hat sich seine Stellung gegenüber der Jahreszeit ziemlich geändert.
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  • TAKUMA KANEKO
    1977Volume 59 Pages 98-108
    Published: October 01, 1977
    Released on J-STAGE: March 28, 2008
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    In diesem Aufsatz versuchen wir den Advokaten "Huld“ als ein Bild der Wissenschaften oder der Wissenschaftler zu sehen, nämlich als Arzt, als Naturwissenschaftler, als Philosoph und Sozialwissenschaftler.
    1. Als Arzt:
    Josef K. vermutet von sich selbst, daß er gewisse innere Krankheiten habe (S. 92). Ferner ist er geisteskrank, wie sein Onkel glaubt. Darum empfiehlt er dem Neffen einen Luftwechsel auf dem Land. Als K. ihm nicht folgt, führt er K. zu Huld. Dabei ist bemerkenswert, daß der Onkel dies tut, obgleich er um die Krankheit K.s weiß. Er ist auch chirurgisch krank (S. 149).
    Huld muß "den Angeklagten über das (geheime) Verhör ausforschen“ (S. 141) und wird von Leni über die erotischen Abenteuer zwischen ihr und den Klienten aufgeklärt. Das erinnert uns an die psychologische oder psychoanalytische Forschungsweise nach dem Unbewußten und den Träumen.
    2. Als Naturwissenschaftler:
    Leni scheint ein elementares oder materielles Wesen zu sein, denn "sie (Leni) hängt sich an alle“ (S. 221). Dabei bedeutet das Sich-an-jemanden-hängen sich befestigen oder sich festkleben. Auch an einer andern Stelle ruft sie: "Sie (K.) haben mich (Leni) eingetauscht!“ (S. 135). Um es anders zu sagen, sie ruft, K. habe ein Ding (Leni) gegen ein anderes Ding ausgewechselt. Dieses Benehmen Lenis könnten wir im Sinn einer chemischen Reaktion verstehen, mit der chemischen Verbindung, der Synthese und der Reduktion vergleichen.
    Nun, wenn Leni sich an alle hängt, läßt sie sich von dem Schön-sein der Klienten bewegen (vgl. S. 221). Offenbar riechen oder schmecken sie sehr schön. Leni scheint ein Insekt oder etwas Ähnliches zu sein, und die Klienten Blumen oder etwas Eßbares.
    Lenis Augen und die Verbindungshäutchen ihrer rechten Hand (S. 134) lassen uns die der Vögel oder der Kriechtiere vorstellen. Man kann ihre Eigenschaften als einen sogenannten biologischen Atavismus auffassen.
    Der Advokat sagt an einer Stelle, "daß dieser große Gerichtsorganismus gewissermaßen ewig in der Schwebe bleibt“ (S. 146). Er sieht das Gericht als Himmelskörper an. Hier wird von einer physikalischen Kosmologie geredet. Kafka verwendet in diesem Kontext das Wort "Störung“(S. 149), das die Abweichung eines Wandelsterns oder Kometen aus seiner Bahn bedeutet.
    Dies alles sind "gewissermaßen naturwissenschaftliche Erscheinungen“ (S. 221), die sich vor Huld dem Beobachter abspielen.
    3. Als Philosoph und Sozialwissenschaftler:
    "In einem gewissen Stadium des Prozesses wird nach altem Brauch ein Glockenzeichen gegeben. Nach der Ansicht dieses Richters beginnt damit der Prozeß“(S. 236). Das "Glockenzeichen…nach altem Brauch“ bedeutet ohne Zweifel den Tod. Der Richter spricht also vom Prozeß, der damit beginnt, vom Jüngsten Gericht. Huld dagegen hat eine andere Ansicht. Er behauptet, "daß das Endurteil in manchen Fällen unversehens komme, aus beliebigem Munde, zu beliebiger Zeit“ (S. 236). Er erkennt das Jüngste Gericht nicht mehr an, sondern verändert es zum irdischen "Endurteil“. Daher kann man sagen, daß er eine sozialistische und positivistische Weltanschauung hat, daß er Philosoph ist.
    Huld erzählt K.: "Der andere Advokat hebt seinen Klienten gleich auf die Schultern und trägt ihn, ohne ihn abzusetzen, zum Urteil und noch darüber hinaus“ (S. 226). In diesem Satz spricht Huld indirekt von seiner eigenen Verteidigung des Angeklagten. An Stelle des Angeklagten trägt er die ganze Last und die ganze Verantwortung für das irdische Leben des Klienten bis zum Ende, in diesem Sinn erklärt der Advokat.
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  • NAOHIKO TONOMURA
    1977Volume 59 Pages 109-119
    Published: October 01, 1977
    Released on J-STAGE: March 28, 2008
    JOURNAL FREE ACCESS
    Ich behandelte in diesem Aufsatz die Entstehung des aktiven Perfekts der deutschen Sprache und die folgenden damit zusammenhängenden Fragen: 1) Verbindung des imperfektiven Intransitivs mit der haben-Umschreibung. 2) Genus des Part. Prät. des imperfektiven Intransitivs. 3) Infinitiv als Part. Prät. 4) Erweiterung der sein-Umschreibung. 5) Überwiegen des Perfekts über das einfache Präteritum. 6) Zusammenhang mit der passiven Perfektumschreibung. In dieser Zusammenfassung beschränke ich mich nur auf kurze Erklärung der Stellen, wo meine eigenen Ansichten vorkommen.
    a) Zum gotischen Perfekt: Man nimmt gewöhnlich an, daß das Gotische noch kein Perfekt besessen habe, weil erstens Belege der Umschreibung selten sind, zweitens Part. Prät. immer adjektivisch flektiert sind, drittens die haben-Umschreibung stets vom Akkusativ-Objekt begleitet ist. Diese Argumente können aber keine unbedingte Sicherheit beanspruchen. Nach der Ansicht von W. Wilmanns ließe sich vielleicht das Beispiel, "sô baurgs alla garunnana was at daura“ für ein Perfekt halten, weil das Part. mehr verbal als adjektivisch aufgefaßt werden könnte. Dieser Zweifel sollte meiner Meinung nach ausgedehnt werden auf alle anderen Beispiele: "sa skatts peins, panei habaida galagidana in fanin“, "gatandida habandane svesa mipvissein“, u.a.
    b) Zum ahd. Perfekt: In bezug auf die althochdeutsche haben-Umschreibung sieht man die Bedeutung des Perfekts nicht in Beispielen wie "thia ih habêta gihaltana in sueizduohe“ (Tatian) oder "phîgboum habêta sum giflanzôtan“ (Tatian), sondern nur in Beispielen wie "iu habêt sia forlegana in sînemo herzen“ (Tatian), "si eigun mir ginomanan liabon druhtîn mînan“ (Otfried), usw. Dieser Unterschied der Deutung kommt davon, daß sich in haben des ersteren Typs der Sinn von besitzen erkennen läßt, während er im letzteren schwer erkennbar ist. Nach dieser Ansicht müßten aber alle Beispiele, deren haben als besitzen gedeutet werden kann, nie das Perfekt bezeichnen. Da wir aber auch mit der Möglichkeit rechnen müssen, daß solche auch im Sinne des Perfekts gebraucht wurden, wäre es gescheiter, im ersteren Typ zu vermeiden, den Schluß auf Perfekt oder Nicht-Perfekt zu ziehen und sich damit zu begnügen, darin den ursprünglichen Bau der haben-Umschreibung zu sehen.
    c) Zum Genus des Part. Prät.: Das Genus des Part. Prät. des imperfektiven Intransitivs hielt O. Erdmann für passiv, Th. Jakob hingegen für aktiv. Diese Jakobsche Argumentation wurde später von O. Behaghel mit Recht widerlegt. Der Ausgleich kann meines Erachtens folgendermaßen getroffen werden. Bei den Umschreibungen der Verba anderer Art, d.h. des Transitivs und des perfektiven Intransitivs, hatte ursprünglich das Part. Prät. adjektivischen Charakter, weil die Umschreibungen zunächst einen Zustand, nicht aber einen Vorgang bezeichneten (er hat es gefangen=er hat es als Gefangenes; er ist gekommen=er ist ein Gekommener). Sein Genus war in der haben-Umschreibung des Transitivs notwendigerweise passiv und in der sein-Umschreibung des Intransitivs aktiv. Dagegen wurde die Umschreibung des imperfektiven Intransitivs später nach der haben-Umschreibung des Transitivs gebildet, und damit entstand auch erst das Part. Prät. Gemeint ist die Imitation der Form. Deswegen kann haben in dieser Umschreibung keinen Sinn van besitzen enthalten, und das Part. Prät. besitzt auch deswegen weder die Eigenschaft des Adjektivs noch irgendwelches Genus.
    d) Zum Übergewicht der sein-Umschreibung: Während im Englischen
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  • KEITALO MIYAUCHI
    1977Volume 59 Pages 120-132
    Published: October 01, 1977
    Released on J-STAGE: March 28, 2008
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    Somit ergäbe sich der beweis für unsere hypothese, daß eine semantische relation zwischen dem verbzusatz und der basis besteht, und daß der inhalt dieses morphems generell in organischem zusammenhang mit der bedeutung des entsprechenden adverbs oder der präposition steht. Die wirkung des linksstehenden morphems kann entweder als eine adverbiale modifizierung formuliert werden, oder es kann in form einer präpositionalen ergänzung das basisverb bestimmen. Der inhalt dieser semantischen teilnahme läßt sich meistens aus der immanenten bedeutung des entsprechenden adverbs bzw. der präposition erschließen.
    Eine syntaktische veränderung, z.b. valenzreduktion, valenzerhöhung, ist in einem satz mit präfigiertem verb in der regel zu beobachten (vgl. P25→P10: der wagen biegt in die straße-der wagen biegt ein). Daraus läßt sich jedoch keine konsequente regel ableiten, weil diese wertigkeitsveränderung nicht immer durch die kombination des verbzusatzes bzw. des präfixes bedingt ist (vgl. auf den weg aufpassen usw.).
    Unser verfahren müßte prinzipiell nicht nur auf die verben mit anderen verbzusätzen, sondern auch auf die verbale derivation übertragbar sein. Allerdings setzt man bei den letzteren vorkenntnisse über den inhalt von den präfixen voraus.
    Aus diesem zusammenhang wäre andererseits auch zu ersehen, daß es fruchtbar sein könnte, die verbale wortbildungslehre nicht nur als objekt der linguistischen grammatik zu betrachten und nur synchronisch zu verfahren, sondern unter umständen auch eine diachronische operation durchzuführen.
    Wir würden nun unser ziel erfüllt sehen, wenn dieser beitrag einen ansatz zur behandlung der verbalen wortbildung liefern könnte und auch eine diskussion über didaktisierung der wortbildung anregen würde.
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  • [in Japanese]
    1977Volume 59 Pages 133-135
    Published: October 01, 1977
    Released on J-STAGE: March 28, 2008
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  • [in Japanese]
    1977Volume 59 Pages 136-140
    Published: October 01, 1977
    Released on J-STAGE: March 28, 2008
    JOURNAL FREE ACCESS
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  • [in Japanese]
    1977Volume 59 Pages 141-143
    Published: October 01, 1977
    Released on J-STAGE: March 28, 2008
    JOURNAL FREE ACCESS
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  • 1977Volume 59 Pages 193
    Published: 1977
    Released on J-STAGE: January 30, 2009
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