die Deutsche Literatur
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Volume 66
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  • in japanischer Sicht
    OSAMU KUTSUWADA
    1981 Volume 66 Pages 1-10
    Published: March 31, 1981
    Released on J-STAGE: March 28, 2008
    JOURNAL FREE ACCESS
    Die Konjunktur der Literaturtheorie und der Methodenstreit im letzten Jahrzehnt in Deutschland haben sich nicht nur notwendig aus dem Entwicklungsstand der deutschen Literaturwissenschaft ergeben, sondern sie zeigen auch eine verborgene Kehrseite, die dem gesamtgesellschaftlichen Krisensymptom im europäischen Spätkapitalismus entspricht. Neue Theorien und Methoden werden beflissentlich ausgebaut, um zu versuchen, die Institution Literatur, die schon seit den Avangardebewegungen unwiederbringlich immer mehr an die Peripherie der Sinnsysteme gerückt worden ist, ins Kräftefeld der gesellschaftlichen Kommunikationshandlungen zurückzuholen.
    Demzufolge ist man versucht, die deutsche Germanistik auch als eine innerdeutsche Wissenschaft mit lebenspraktischer Aufgabe anzusehen, die doch früher historistisch-orientiert, neuerdings verwissenschaftlichend-objektivistisch durch Aneignung von literarischen Überlieferungen innerhalb lebensweltlicher Deutungsschemata die Kontinuität der kulturellen Identität zu garantieren sucht.
    Die japanische Germanistik andererseits hat sich von Anfang an sowohl informatorisch als auch methodisch überwiegend der deutschen verpflichtet. Wenn man sich aber insbesondere im Bereich der Kulturwissenschaften, die eigentlich in der Verständigung eigener wie fremder Kultur bestehen, nurmehr rezeptiv verhalten möchte, so setzt man sich unvermeidlich der Gefahr aus, das praktische Interesse an der eigenen Ausgangslage, d.i. dem eigenen Lebenszusammenhang aus den Augen zu verlieren und folglich sich seiner Identität nicht vergewissern zu können.
    Wiewohl die deutsche und die japanische Germanistik gemeinsame Forschungsgegenstände haben, besteht jedoch für beide imgrunde eine unterschiedliche Interessenlage, weil sie voneinandergetrennte Vorurteilsstrukturen im geschichtlich-hermeneutischen Verstehen haben.
    Gerade diese Andersheit im Verständnis gegenüber den kulturellen Überlieferungen muß auch in der Literaturwissenschaft thematisiert werden, um die Einsicht in die eigenen "Erfahrungsschemata“ gewinnen zu können. Weil man diese im jeweiligen Sozialisations- wie Bildungsprozeß verinnerlicht hat, fällt es schwer, sie eben innerhalb der sie konstituierenden Lebenswelt adäquat wesensbezüglich objektivierbar zu machen. Man sollte dabei auch bedenken, daß die hermeneutische Distanz besonders im Bereich der Kunst nicht immer die minimalste sein kann zwischen dem Produzenten und dem Rezipienten in demselben institutionellkulturellen Rahmen.
    Die wünschenswerte authentische wissenschaftliche Kommunikation zwischen der deutschen und der japanischen Germanistik kann und muß erst in dem Maß geleistet werden, als die deutsche auf ihrer literarischen Verstehensweise, die doch nur eins der möglichen Rezeptionsverhalten ist, nicht unkritisierbar insistiert und den anderen Möglichkeiten Gehör schenkt, während die japanische nicht reflexionslos an der Praxis im anderen Lebenszusammenhang sich anpaßt und ihre eigene unbefangene Ansicht zur deutschen Literatur aufzeigen will.
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  • YUTAKA WAKISAKA
    1981 Volume 66 Pages 11-20
    Published: March 31, 1981
    Released on J-STAGE: March 28, 2008
    JOURNAL FREE ACCESS
    Eine nicht immer erfreuliche Aufgabe ist es, eine kritische Bilanz der Forschungslage der eigenen Kollegen zu ziehen, was ich hier jedoch zu leisten habe. Nicht unabhängig ist die japanische Germanistik-hierbei beschränkt auf das Gebiet der literaturwissenschaftlichen Arbeit-von der deutschen, die m.E. seit etwa Mitte der 60er Jahre eine "entscheidende Wandlung“ (nach Stanzel: vor allem in bezug auf die Erzählforschung) erlebt hat. Hauptmerkmal dafür wäre das Zusammenwirken mit anderen Disziplinen wie einerseits Linguistik, Textwissenschaft und Kommunikationswissenschaft und andererseits Soziologie, Psychologie etc.
    Jedoch steht heute noch das traditionelle Werturteil auf der Dichotomie-Basis von z.B. "schön und nicht schön“, "höhere und niedrige Literatur“ oder "Dichtung und Literatur“. Und nicht selten ist die Folgerung aus diesem Standpunkt schließlich literarische "Diskriminierung“ (Kreuzer) und "affirmative“ Verfolgung der Kritik (Schulte-Sasse). Während diese dichotome Betrachtungsweise in Deutschland nicht mehr so stark wie früher vertreten ist, besteht in Japan heute noch die traditionstreue Kanonisierung der Literatur, die selbstverständlich und unvermeidbar auf die Art und Weise der Literaturuntersuchung wirkt.
    Hermann Paul, der in Japan fast ausschließlich als Sprachwissenschaftler (zu?) sehr bekannt ist, der aber in der Tat als Philologe bereits im Jahr 1896 eine "Methodenlehre“ auch für die Literaturforschung verfaßte, schreibt darin wie folgt: "Aufgabe des Geschichtsforschers ist […], die ästhetischen Triebe in Dichter und Publikum zu verfolgen, wodurch ein Werk entstanden und gewirkt hat.“ Dann betont er, daß der Autor "in seiner Existent vom Publikum abhängig“ sei. Ferner begegne man "noch immer einer ablehnenden Haltung gegen alle methodologischen Erörterungen“.
    Die Idee von H. Paul ist aber im Grunde nicht besonders originell, wenn man weiß, daß neue wissenschaftstheoretische Versuche damals bereits unternommen wurden, wie z.B. von E. Husserl oder G. von der Gabelenz. Die theoretische Schwäche H. Pauls selbst wurde dann von K. Bühler kritisiert. Andererseits nahm die deutsche Literaturwissenschaft immer mehr die Richtung der werkimmanenten Interpretation, während sie ihre theoretische Isoliertheit nicht überwinden konnte. (Man denke an die zeitgleiche Entwieklung vom Russischen Formalismus zum Prager Strukturalismus.)
    Nun scheint mir eine ähnliche Isoliertheit in Theorie und Praxis gerade heute in der japanischen Germanistik auffällig zu sein, sowohl beim einzelnen Wissenschaftler als auch in der gesamten Forschungslage. Die Versuche, diese Lage zu überwinden, sollten vor allem unter der Idee der wissenschaftlichen Integration geleistet werden. Einige wichtige Punkte seien hier genannt:
    1. Förderung der Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Forschungsgebieten, nicht nur den historisch, gattungsmäßig unterschiedlichen Arbeitsgebieten, sondern auch zwischen der Literaturwissenschaft und der Linguistik. Vorausgesetzt: Schaffung der theoretischen gemeinsamen Forschungsbasis.
    2. Zusammenarbeit der verschiedenen methodologischen Disziplinen wie Literaturgeschichte, Literaturkritik, Literaturdidaktik, Textinterpretation etc. Vorausgesetzt: Erweiterung des methodologischen Verständnisses.
    3. Integration von Forschung und Lehre. Vorausgesetzt: Methodische und pragmatische Bestandsaufnahme der Didaktisierung und Didaktisierbarkeit aller Forschungsergebnisse.
    4. Ausgleich der Forschungs- und Lehrbedingungen zwischen öffentlichen Institutionen. Vorausgesetzt: Personaler Austausch zwischen Universitäten und Hochschulen etc., auch im regionalen Sinn.
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  • MASAMI MANZAWA
    1981 Volume 66 Pages 21-32
    Published: March 31, 1981
    Released on J-STAGE: March 28, 2008
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    Man kann nicht über die Forschungsmethode reden, ohne den Forschungsgegenstand festzulegen. Wir können also nicht umhin, mit der Frage: "Was ist die Literatur (im engeren Sinne)?“ anzufangen.
    Die Literatur ist eine besondere Weise, in der man sprachlich den anderren etwas mitteilt. Aber was will die Literatur mitteilen? Gibt es etwas Gemeinsames, das "une forme particulière de contenu“ (J.-M. Klinkenberg) genannt werden kann? Die Antwort ist: Ja. Die Literatur kann man definieren als den paradoxen Versuch, Unsagbares zu sagen, und in diesem Versuch liegt die "forme particulière“ der Literatur.
    Vorläufig kann man sagen, daß das Unsagbare "the unspoiled interpretation of individual experience“ (I. Fónagy) oder "l'individuel“ (Gilles G. Granger) ist. Aber man muß das Unsagbare ausführlicher analysieren, um erklären zu können, wie das, was man direkt nicht sagen kann, doch indirekt mitgeteilt werden kann.
    Was aber kann man direkt sagen? Bevor wir darauf eine Antwort geben können, müssen wit uns zunächst mit einer anderen Frage beschäftigen, nämlich "Wie erlernt man die Muttersprache?“.
    1) Man wird in eine Welt geboren, die schon vor der Geburt da ist. Diese Welt besteht aus "Sinn“. Die Welt ist nichts anderes als ein Geflecht von "Sinn“.
    2) Man kommt zur Welt als ein lebendiges Geschöpf. Ein lebendiges Geschöpf muß seinem Wesen nach tätig sein, um leben zu können. Und die Tätigkeit des lebendigen Geschöpfs läßt "Sinn“ entstehen. Auch das Kind, als lebendiges Geschöpf, läßt durch seine Tätigkeit "Sinn“ entstehen. Aber insofern die Tätigkeit des Kindes die Grenze der "gemeinsamen menschlichen Handlungsweise“ (L. Wittgenstein) nicht überschreitet, deckt sich auch der so entstehende Sinn der Welt mit dem schon vorhandenen.
    3) Der schon vorhandene Sinn der Welt ist aber in der Sprachgemeinschaft mit bestimmten Lauten verbunden. Er wird sprachlich ausgedrückt. Das Kind erwirbt sich dadurch die Phoneme, daß es Laute nachahmt, wie es auch Gebärden imitiert. Es versteht dann die Verbindung zwischen "Sinn“ und Lauten und fängt langsam an, Laute zu gebrauchen, um auf andere einzuwirken.
    Je vielseitiger die Tätigkeit des Kindes wird, desto größer wird seine Sprachfähigkeit. Und das Kind erwirbt sich die Fähigkeit zu neuen Tätigkeiten, indem es sich den Gebrauch neuer Wörter aneignet. Denn hinter der Sprache gibt es immer die Tätigkeit und den dadurch entstehenden "Sinn“. "In der Sprache stimmen die Menschen überein“ (L. Wittgenstein), aber das nur deshalb, weil die Menschen in der Tätigkeit und dem "Sinn“ übereinstimmen. Dies ist die Bedingung nicht nur zum Erlernen der Muttersprache, sondern auch zur Existenz der Sprache überhaupt. "Sinn“ jedoch, der nur für einen Menschen existiert, sozusagen individueller Sinn, geht dabei nicht in die Sphäre der Sprache ein.
    Daraus kann man schließen, daß die Sprache auch, wie die Welt selbst, in ihrer Entstehung intersubjektiv ist. Die Intersubjektivität der Sprache ist mit der der Welt identisch. Und diese Intersubjektivität ist darin begründet, daß die Menschen den menschlichen Leib, "die gemeinsame menschliche Handlungsweise“ und die in einer Gemeinschaft konventionelle "Lebensform“ (L. Wittgenstein) miteinander gemein haben.
    Es gibt aber auf der anderen Seite eine sozusagen individuelle "Lebensform“,
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  • YOSHIO HIRAKO
    1981 Volume 66 Pages 33-44
    Published: March 31, 1981
    Released on J-STAGE: March 28, 2008
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    In der Hermeneutik-Diskussion ist vielerlei Kritik an Gadamer geübt worden. Habermas, der die Hermeneutik in der kommunikativen Kompetenz verstehen will, kritisiert ihren Universalitätsanspruch. Apel schlägt vor, die objektive, "erklärende“ Szientistik und die subjektive, "verstehende“ Hermeneutik in der Ideologiekritik zu vermitteln. Jauß, dem es um die Rezeptionsästhetik geht, bezweifelt Gadamers Begriff des Klassischen. Im Begriff der "Offenheit der Erfahrung“ sieht v. Bormann eine Zweideutigkeit.
    Indessen bewährt sich eine Hermeneutik in ihrer Praxis. In Gadamers Interpretationen der modernen Lyrik können wir praktisch feststellen, was er mit dem Offenhetis-Begriff bzw. dem Begriff des "wirkungsgeschichtlichen Bewußtseins“ gemeint und de facto erreicht hat. Die moderne Lyrik ist wegen ihrer Vieldeutigkeit schwerverständlich. Nach Gadamer lassen die Dichter die Worte, vieldeutig klingen, es kann keine ein-deutige Interpretation geben. Eine Interpretation "offen“ halten, bedeutet keine Zweideutigkeit, sondern: den Text "immer wieder hören“. Es geht Gadamer nicht nur um die Individualität des Auslegers, sondern auch um die der Textsprache, welche letztere sich erst im "Gespräch“ mit dem Text "offenbart“, also um die "Horizontverschmelzung“ bei der Selbstoffenbarung des Textsinns. Poesie ist ein individueller Gebrauch der Sprache. Der Dichter "übersetzt“ seine Poiesis in den Mythos. Der Interpret muß den Mythos zur Poiesis "zurückübersetzen“, bis ein vieldeutiger, dennoch einheitlicher Sinn "präzisiert“ wird. Daß die Schwerverständlichkeit die Auslegung undogmatisch macht, entspricht der hermeneutischen These, daß Erfahrung eigentlich "unangenehm“ ist. Bei Gedichten wie denen Paul Celans bleibt alles offen, bis der Leser, der sich erst durch die schwere Erfahrung von seinem eigenen Dogma befreit und zu einem Selbstverständnis gelangt, die bis dahin offen gebliebene Form ausfüllt.
    Das geschieht im Gespräch, in der Anrede des Textes an den Leser. Die "Parusie“ eines genauen Wortsinns ist ein sprachliches Ereignis. "Sprache ist immer nur im Gespräch“, während "Sein, das verstanden werden kann, Sprache ist“. Man versteht den Text, indem man sich selbst versteht: beides Verstehen geschieht durch die Sprache. "Je genauer man versteht, desto beziehungsvoller wird die dichterische Schöpfung“. Die Präzision der Auslegung und die Kohärenz des Textes, also die Selbstevidenz des Auslegers und die Autonomie des sprachlichen Kunstwerks, beruhen bei Gadamer auf der Logik der "Sprache“.
    Die Geschichte der Hermeneutik läßt sich vom Wandel der Arten der Textsprache her betrachten. Solange der Text noch nicht oder nicht mehr auf der Logik der Sprache bcruht, kann die Hermeneutik des Verstehens nicht vollkommen gültig sein. Vollkommene Gültigkeit hat sie nur zwischen dem Nochnicht und dem Nichtmehr. Die Geschichte der "literarischen Hermeneutik“ zeigt-nach Peter Szondi-einen Übergang der Hermeneutik von der sensualistischen Sachbezogenheit über den Kritizismus und Idealismus zur Sprachbezogenheit. In Hegels Begriff der "Ästhetik“ als Philosophie der "freien, schönen Kunst“ wird die Kunst vom Sensualismus befreit und als etwas Autonomes betrachtet. Die kopernikanische Wendung führt auch zur sprachbezogenen Hermeneutik Gadamers, die ihren Text als ein sprachliches Gebilde behandelt.
    Was die Moderne betrifft, so sind es Texte wie die Celans,
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  • Klassikdebatte“ und die Kritik an der "Rezeptionsästhetik“ für die Literaturwissenschaft in der DDR?">oder was bedeuten die "Klassikdebatte“ und die Kritik an der "Rezeptionsästhetik“ für die Literaturwissenschaft in der DDR?
    MUTSUMI HAYASHI
    1981 Volume 66 Pages 45-56
    Published: March 31, 1981
    Released on J-STAGE: March 28, 2008
    JOURNAL FREE ACCESS
    Der Entwicklungsstand der DDR-Literaturwissenschaft in den siebziger Jahren deutet vor allem darauf hin, daß sich die Überprüfung und Erneuerung ihrer methodischen Grundlagen zwar sicheren Schrittes, aber auch in polemischer Form voliziehen. Davon zeugen exemplarischerweise sowohl die von Werner Mittenzwei initiierte "Klassikdebatte“ in den Zeitschriften "Sinn und Form“ und "Weimarer Beiträge“ als auch die schöpferische Auseinandersetzung von Krauss-Schülern mit der vom Boden der BRD ausgehenden literaturwissenschaftlichen "Provokation“, nämlich der "Rezeptionsästhetik“ von Hans R. Jauß.
    Die Klärung erbetheoretischer Probleme im Interesse der sozialistischen Kulturpolitik in der DDR erwies sich als immer dringender in einer Zeit, in der die "imperialistischen Ideologen in der BRD“ -um mit Kurt Hager zu sprechen- "Besitzansprüche auf die besten kulturellen Traditionen des deutschen Volkes anzumelden“ versuchten. Erst in diesem Kontext erlangt die "Klassikdebatte“ eine große literaturwissenschaftliche Bedeutung. Dem Initiator der Debatte ging es in erster Linie um Brechts Verhältnis zur literarischen Vergangenheit, insbesondere zur deutschen Klassik, und um dessen aktuelle Bedeutung für die produktive Erbeaneignung in der Gegenwart.
    Der eigenartige Charakter dieser Kontroverse hängt zweifellos damit zusammen, daß ein Brecht-Spezialist, der sich in keiner Weise der Germanistik zugehörig fühlt, these zu provozieren versuchte. Aus dem Polarisierungsprozeß von DDR-Germanisten, die sich-gewollt oder ungewollt-darauf einließen, ergab sich ein Bild, welches für das Methodenbewußtsein marxistischer Klassikforschung bezeichnend ist: Da steht eine Gruppe, die die deutsche Kiassik im normativen Sinne auffaßt, unversöhnlich dem Initiator der Debatte gegenüber, zumal er dieselbe unter dem negativen Aspekt von Brecht problematisiert. Dann schaltet sich eine andere Gruppe, zu einem "Zweifrontenkampf“ veranlaßt, dazwischen.
    Über die Frage, ob und welche Impulse für unser Handeln in der heutigen Welt von der dcutschen Klassik ausgehen, kann freilich sehr viel diskutiert werden. Aber die alternative Frage "Goethe oder Brecht?“ wird sicherlich an dieser Erbediskussion vorbeigehen. Es geht hier, im Grunde genommen, um den erbetheoretisch relevanten Aspekt, die Dialektik von wissenschaftlicher und künstlerischer Erbeaneignung als das Prinzip produktiver Vermittlung bewußtzumachen.
    Als Kehrseite derselben Medaille stellt sich die grundsätzliche Auseinandersetzung marxistischer Literaturwissenschaftler mit den ästhetischen Positionen von Jauß heraus. Indem sie einerseits solche Begriffe wie "Erwartungshorizont“, "rezipierendes Publikum“ u.a., die in der "Rezpetionsästhetik“ von Jauß die zentrale Schlüsselstellung einnehmen, einer scharfen Kritik unterziehen, weisen sie auf die spezifische "Form literarischer Immanent“ hin, die sich hinter seinen literaturgeschichtlichen Konzeptionen versteckt hält.
    Aber die berechtigte Kritik von Jauß an der "orthodoxen Wiederspiegelungstheorie“, die das Kunstwerk "auf eine nur abbildende Funktion“ reduziert und die "Einsicht in den wirklichkeitsbildenden Charakter der Kunst“ lange unterdrückt habe, nehmen sie andererseits auch zum Anlaß, um erneut über das bislang vernachlässigte Prinzip von Wirkung und Rezeption in der marxistischen Literaturwissenschaft zu reflektieren.
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  • NAONOSUKE SASAKI
    1981 Volume 66 Pages 57-66
    Published: March 31, 1981
    Released on J-STAGE: March 28, 2008
    JOURNAL FREE ACCESS
    "Literaturgeschichte als Provokation der Literaturwissenchaft“ von H. R. Jauß hat nicht nur in Deutschland, sondern auch in Japan Anregungen gegeben. Sein Ausgangspunkt ist, daß sowohl der marxistischen Literaturforschung als auch der formalistischen der Gesichtspunkt "Leser“ fehlt. Nach W. Iser "besitzt das literarische Werk zwei Pole, die man den künstlerischen und den ästhetischen Pol nennen könnte“. Der künstlerische Pol bezeichnet den vom Autor geschaffenen Text und der ästhetische die vom Leser geleistete Konkretisierung. Durch die Konkretisierung entsteht zwischen dem Text und dem Leser ein drittes, das unbestimmt ist. Der Ort des literarischen Werks liegt also, wo Text und Leser zur Konvergenz gelangen.
    Im Hinblick auf den geistigen Hintergrund der Rezeptionszeit behandelt der vorliegende Aufsatz die Hölderlinrezeption in Japan. In der Meiji-Zeit, wo die europäische Kultur in Japan aufgenommen wurde, hat zuerst der junge Philosoph Teiho Koyama in seinem Aufsatz "Cho gendai to“ (wörtlich: Partei der Gegenwartsüberwindung) Hölderlin genannt und mit ihm eine Art Gespräch geführt. Koyama zählt Hölderlin zu den Überwindern der Gegenwart und möchte, daß solche Persönlichkeiten auch in Japan erscheinen.
    Erst in der Taisho-Zeit hat die eigentliche Hölderlinforschung, die auf der deutschen Philologie beruht, in Japan angefangen. Viele Germanisten haben Aufsätze über Hölderlin geschrieben. Auf die Entstehung einiger dieser Aufsätze hat "Das Erlebnis und die Dichtung“ von W. Dilthey großen Einfluß ausgeübt. Damit hat sich die geistesgeschichtliche Methode in Japan entwickelt.
    In der Showa-Zeit hat sich die Hölderlinforschung entfaltet. Es gab neben Abhandlungen von Germanisten über Hölderlin auch viele Erörterungen von Nicht-Germanisten über ihn. Shizuo Ito hat unter seinem Einfluß Gedichte geschrieben. Von diesen Rezeptionen ist die von Yojuro Yasuda die interessanteste, der den kulturellen Traditionalismus behauptete und 1935 die konservative nationalistische Zeitschrift "Nihon roman ha“ begründete. In dem klassischen Geist Hölderlins, der in Griechenland sein Ideal sieht, findet Yasuda den klassischen Geist der Dichter des "Manyo-shu.“ Natürlich bleibt es eine Frage, ob diese Aneignung gelungen ist.
    Die erste Phase der Rezeption in der Meiji-Zeit und die in der Showa-Zeit sind in ihren Versuchen sehr subjektiv und scheinen deschalb sehr problematisch. Die Rezeptionsgeschichte beruht auf der "Logik von Frage und Antwort“. Wir müssen also die Antworten von Koyama und Yasuda wieder in Frage stellen und die Fragen, die sie gestellt haben, wieder auf Hölderlin zurückbeziehen.
    Die Anfangsstufe der Hölderlinforschung endet um 1950, und danach wird die Forschung bis heute ununterbrochen fortgesetzt. Die vierbändige Gesamtausgabe Hölderlins in japanischer Übersetzung, bei der mehr als zehn Hölderlinforscher mitgewirkt haben, kann als Erfolg dieser Forschung betrachtet werden, und Herr Tomio Tezuka erreichte mit seinem zweibändigen "Hölderlin“ den Höhepunkt der Forschung Japans.
    Die einzelnen Forschungen nach 1950 sind in ihren Themen und Methoden so verschiedenartig, daß sie schwerlich zusammenzufassen sind, was diese Rezeptionszeit charakterisiert.
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  • TAKASHI OHTA
    1981 Volume 66 Pages 67-76
    Published: March 31, 1981
    Released on J-STAGE: March 28, 2008
    JOURNAL FREE ACCESS
    "Gestern“ hat zwar äasthetische Merkmale, aber es ist eine Frage, ob es das Richtige trifft, wenn man Hofmannsthal für einen Ästheten oder "Gestern“ für ästhetisch hält. Wenn man unter dieser Voraussetzung die monologische Rede des jungen Helden, Andrea, untersucht, geht es um das Verhältnis zwischen Andrea und Hofmannsthal. Andrea ist am Schiuß dieses kleinen "Proverbs“ gezwungen, seine These ("das Gestern geht mich nichts an“), die er am Anfang aufgestellt hat, umzukehren. Es ist nämlich so, daß Hofmannsthal die ästhetische Lebensart Andreas streng kritisiert.
    Hofmannsthal hatte die Absicht, Andrea als ein Vorbild des Fin de siècle darzustellen, das der Forderung seiner Empfindung gehorcht und nach keinem Grund fragt. Andrea ersetzt alles durch seine Empfindung, so daß um ihn keine anderen und keine Wirklichkcit vorhanden sind. Aber andererseits scheint das Leben für Andrea unergründlich. Und "die Idee eines alles durchwaltenden Gesamtlebens“ liegt, wie O. F. Bollnow meint, nicht nur in "Gestern“, sondern in der gesamten Dichtung des frühen Hofmannsthal.
    Andrea reflektiert eigentlich sein eigenes Leben, während er sein Bekenntnis zum unreflektierten Leben äaußert. Und er verläßt sich gewiß auf seine ästhetische Empfindung, aber er ergreift keine "Flucht aus dem Leben“, sondern hat Sehnsucht nach dem Leben. Weil es sich in Wahrheit bei Andrea nicht um die Schönheit handelt, sondern ums Leben, kann man Andrea als einen "Ästheten ohne Ästhetizismus“ auffassen, wie Hofmannsthal selbst Chandos einen "Mystiker ohne Mystik“ nennt. Indem man Andrea so auffaßt, wird die Kritik am Ästhetizismus, die Hofmannsthal in "Gestern“ übt, deutlicher. Man kann bei Hofmannsthal eine positive Haltung zum Leben finden, der eine negative Haltung an Andrea darstellt und die Handlung am Schluß des Dramas zur Umkehrung seiner These führt.
    Obwohl Andrea dadurch frei leben will, daß er die Dauer verneint und dem Augenblick lebt, ist er doch in eine unfreie Situation geraten. Denn die Dauer zerfällt bei ihm in mehrere Augenblicke, die Augenblicke machen sich gegenseitig Konkurrenz und zwingen Andrea zum unaufhörlichen Vergeich.
    Andrea sagt: "…die Erfüllung stets den Wunsch verdirbt.“ Eine seiner Eigenschaften findet sich beim Wunsch, der zwar eigentlich in Erfüllung gebracht werden will, aber zugleich die Erfüllung haßt. Ambivalent sind sowohl Andreas Charakter als auch sein Wunsch.
    Corbaccio, der Schauspieler unter den Freunden Andreas, gewinnt dem Zug der Flagellanten einen ästhetischen Genuß ab, aber Fantasio, der Dichter, erwirbt im Gegensatz zu Corbaccio "den Gedanken“ und "die Erkenntnis“: Hofmannsthal hält denjenigen für einen Dichter, der gegen den Ästheten ist. Es ist niemand anders als Fantasio, der Andrea die Dauer zeigt. Und wegen des Verdachts, ob Arlette, die Geliebte Andreas, ihn betrog, fängt seine These an zu schwanken. Arlettes Bekenntnis zerstört schließlich seine These so gänzlich, daß er gezwungen wird, seine These umzukehren: "mit dem Gestern wird man nie fertig“. Das ist ein einzigartiges Ereignis und zugleich der Höhepunkt dieses Dramas: der Titel, "Gestern“, hat nun eine moralische Bedeutung und dann kommt das "Proverb“ zu Ende. Aber Hofmannsthal konnte hier den Vorhang nicht herunterlassen, sondern das Drama geht weiter, aus dem Andrea noch nicht als gebesserter Held hervorgeht. Denn Hofmannsthal ist sich wohl bewußt,
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  • JUNKI HASEGAWA
    1981 Volume 66 Pages 77-86
    Published: March 31, 1981
    Released on J-STAGE: March 28, 2008
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    Die erste der beiden in dieser Abhandlung erörterten Fragen ist: Wer sind die Schwärmer? Diese Frage ist deshalb dringend und wichtig, weil sie in der bisherigen Forschung nicht einstimmig beantwortet wurde. Je nach Ansicht der verschiedenen Autoren gehören zu den Schwärmern fünf, vier, drei oder zwei Personen.
    Die Ansicht, daß es "fünf Schwärmer“ seien, zählt zu ihnen Thomas, Maria, Regine, Anselm und auch Johannes. Zwar ist Johannes schon gestorben, erscheint daher nicht auf der Bühne, aber dadurch, daß das frühere Handeln der Hauptpersonen und deren Persönlichkeit klar wird, wenn sie auf die Ursache seines Selbstmordes zu sprechen kommen, spielt er trotzdem eine große Rolle. Mann kann ihn aber aus dem gleichen Grund von den Schwärmern ausnehmen, was dann die Ansicht "vier Schwäarmer“ ergibt. Deshalb werden die Einzelheiten der "fünf Schwärmer“ durch die folgende Erwähnung der "vier Schwäarmer“ klarer. In ihrer Kindheit waren Thomas, Maria, Regine und Anselm (und vor dem Tod auch Johannes), die einmal in dem "unbestimmten“ Haus zusammen lebten und spielten, voll von einem unbestimmten, unklaren, chaotischen, aber auch sehr großen Traum, wie einer Möglichkeit. Thomas, Anselm und Johannes machten damals "ungeheure“ "Weltordnungspläne“. Regine lebte fanatisch mit einem geheimnisvollen Gefühl von sich und Maria sagte auch, die Erinnerungen ihrer Kindheit weckend: "Wir fühlten, wir sind. Wir aßen wenig, gönnten dem Körper nicht zuviel Raum. Manchmal hielt ich den Atem zurück, solange ich konnte.“ Die "vier Schwärmer“ blieben daher damals "unbestimmt“ und mit großen Möglichkeiten.
    Die Ansicht, daß es "drei Schwärmer“ seien, zählt zu ihnen Thomas, Regine und Anselm, aber nicht Maria. Die Bewegungen der "schönsten“ Maria sind wie "eine sehr langsam gespielte Melodie“ und wie "die Himmelswölbung“. Jetzt hat Maria mit ihrer unbestimmten Vergangenheit nichts zu tun, deshalb verführt sie der Anselm, um sich durch ihre Bestimmtheit seiner Unbestimmtheit zu versichern. Thomas und Regine leben durch die vollkommene Ausführung ihrer Vergangenheit noch unbestimmt. Und Anselm lebt ganz und gar wider seine Vergangenheit, steht aber auch dadurch in einer starken Verbindung mit der Vergangenheit. Dagegen hat jetzt Maria keine Unbestimmtheit mehr, die das Merkmal der Schwärmer ist.
    Die Ansicht, daß es "zwei Schwäarmer“ seien, läßt Anselm beiseite. Einmal ging auch Anselm als Gelehrter seinen Weg und hatte ganz gleiche "Weltordnungspläne“ wie Thomas. Aber dabei war Thomas, der als Gelehrter auf Grund des Wissens mit dem Ausblick auf die jenseitige, andere Welt unveränderlich stehenbleibt, immer schon dort, wohin Anselm gehen wollte. Anselm, der sich entschloß, Thomas durch Handeln zu übertreffen, kam durch den Sprung oder den Verzicht des Denkens ans falsche Jenseits, wo er Regine oder Maria verführt und dabei nichts schaffen kann. Dagegen bleiben Thomas und Regine seit ihrer Kindheit in ihren eigenen Welten am Rand stehen; jener ist in der diesseitigen Welt des Wissens, diese ist in der jenseitigen des Glaubens. Die beiden Personen können nicht umhin, an jeder für sich selbst gegenständlichen Welt Interesse zu haben, denn das Wissen hat draußen am Rand die mystische Welt und der Glaube hat die Wirklichkeit zu treffen. Die beiden Personen begegneten einander im unbestimmten Mittelgebiet. Sie Bind deshalb "Geschwister“ und "die zwei Seiten eines Kartenblatts“.
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  • Zur Struktur der Lyrik Bertolt Brechts
    KAZUO WATANABE
    1981 Volume 66 Pages 87-97
    Published: March 31, 1981
    Released on J-STAGE: March 28, 2008
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    Der Text besteht aus drei Teilen: Teil I behandelt die Gegenwart, Teil II die Vergangenheit und Teil III die Zukunft, was dem dialektischen Dreischritt entspricht.
    Teil I hat die Finsternis der Zeit, in der der Dichter lebt, zum Thema: "Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!“ In der Tat muß er als Flüchtling zugeben, daß ihm nichts mehr übrigbleibt als zu überleben. Trotzdem scheint er immer noch Kämpfer für den Klassenkampf sein zu wollen. Hier wäre die Diskrepanz zwischen Wirklichkeit und Bewußtsein des Flüchtlings zu beobachten.
    In Teil II werden die vergangenen Taten des Dichters im Rahmen der epischen Struktur, zu der vor allem der Refrain beiträgt, erzäahlt: "So verging meine Zeit/Die auf Erden mir gegeben war.“ Das Problem des Teils II wäre: "Die Sprache verriet mich dem Schlächter/Ich vermochte nur wenig. Aber die Herrschenden/Saßen ohne mich sicherer, das hoffte ich.“ In diesen Versen drücken sich Brechts Überzeugung, die literarische Tätigkeit könne zu einem Wechsel der bestehenden Machtverhältnisse in Deutschland beitragen, und zugleich seine Erschütterung über die eigene Auswanderung aus, wobei sich Zufriedenheit mit Resignation mischt. Der anonyme Gesprächspartner des Dichters, der in Teil I das zeitgenössische "man“ ist, wird schon in Teil II zum Nachgeborenen, was die Bitte um Nachsicht in Teil III vorbereitet. Dabei ist der Wechsel des Gesprächspartners mit dem des Erzählers in Teil III identisch.
    Den elegischen und feierlichen Ton von Teil III, der das Thema des Gedichts darstellt, bestimmt die sich zweimal wiederholende Ansprache: "ihr“ und "Gedenkt“. Und der Wechsel von "ich“ zu "wir“ als Erzähler bedeutet den Willen des Dichters zur Verallgemeinerung seiner persönlichen Erlebnisse, da mit "wir“ die auf alle wirkenden Kräfte gemeint sind. Problematischer ist es wohl, daß eine Welt, wo "der Mensch dem Menschen ein Helfer ist“, als selbstverständlich vorausgesetzt wird. Dabei könnte man wohl von Brechts Optimismus sprechen.
    "An die Nachgeborenen“ ist nach dem dialektischen Muster von These, Antithese und Synthese gestaltet und unter diesem Aufbau kommen noch Wörter, Zeilen und Strophen an manchen Stellen antithetisch bzw. synthetisch zum Ausdruck. Das ließe sich wohl als mehrschichtig zusammengesetzte dialektische Struktur bezeichnen. Andererseits müßte man zugleich Geißler recht geben, wenn er sagt: "Zwar hebt sich die Problematik von Gegenwart und Vergangenheit dialektisch in der Zukunft auf, aber die Auflösung der thematischen Grundspannung wird gerade durch Teil III in die Zukunft verwiesen, erscheint also nicht realisiert, sondern nur als Möglichkeit und Hoffnung“ (Geißler, a.a.o., S. 110).
    Mit anderen Worten kann Teil II gegen Teil I nicht antithetisch genug sein, well das Hauptgewicht in Teil II nicht auf dem gegenwärtigen Kampf, sondern auf dem vergangenen liegt. Der Dichter hat keine Gegenwart, deshalb wendet er sich an die Nachwelt in dem Selbstbewußtsein, ein antifaschistischer Käampfer gewesen und es jetzt noch zu sein. Wenn es so weit ist, könnte die Dialektik, die aus einer selbstzufriedenen und in sich geschlossenen Struktur besteht, auch der Selbsttäuschung Platz machen. Der Grund dafür scheint in der Diskrepanz zwischen Wirklichkeit und Bewußtsein des Dichters zu liegen. Das erkennt man, wenn man "An die Nachgeborenen“ mit dem 1938 entstandenen Gedicht "Frühling 1938“ vergleicht, das eines der besten Beispiele der späteren Brechtschen Poesie ist.
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  • philologischer Auslegungskunst“ und "Bibelexegese“">Zur Hermeneutik bei "philologischer Auslegungskunst“ und "Bibelexegese“
    KUNIYASU MIURA
    1981 Volume 66 Pages 98-108
    Published: March 31, 1981
    Released on J-STAGE: March 28, 2008
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    Hermeneutik hat sich als wissenschaftliche Theorie im 19. Jh. mit der Entwicklung des historischen Bewußtseins von einer Kunstlehre der Auslegung zu einer universalen Theorie des Umgangs mit historisch-gesellschaftlichen Gegenständen entwickelt. Schleiermacher, Droysen, Dilthey und Heidegger u.a. haben ihre wissenschaftliche Methode in der hermeneutischen Tradition gesucht und in ihr die methodologische Grundlage gebildet. Der zentrale Gedanke in der Hermeneutik liegt darin, daß das Ganze in bezug auf das Einzelne und das Einzelne in bezug auf das Ganze richtig verstanden wird. Der komparative und divinatorische Verstehensprozeß, nämlich das Wechselverhältnis zwischen "Vergangenheit“ und "Zukunft“, "Einzeldasein“ und "Menschheit“, sowie "Interpret“ und "Text“ vollzieht sich auch im Modus des Zirkels, der "hermeneutischer Zirkel“ genannt wird. In der hermeneutischen Tradition stellt H.-G. Gadamer ein Gesprächsmodell auf, und zwar auf Grund der Kritik an Dilthey, der in die Sackgasse des naturwissenschaftlichen Objektivismus geraten sei (Gadamer). Ein richtiges Gespräch entsteht aus dem Wechsel von Frage und Antwort. Ein Gesprächspartner muß selbstkritische Offenheit und eine Bereitschaft zur Revision der eigenen Meinung haben. Das sind die fundamentalen Strukturmomente des echten Gesprächs und jedes wirklichen Verstehensprozesses, und darin liegt Gadamers Bedeutung für die Wirkungsgeschichte, somit wird seine Hermeneutik zum Gespräch mit dem "Text“. H. R. Jauß, der diese traditionellen Elemente von Gadamers wirkungsgeschichtlicher Hermeneutik analysiert und kritisiert, hat im Verlauf der kritischen Reflexion das Gesprächsmodell Gadamers in seine "Rezeptionsästhetik“ eingeführt. Wie wir sehen, sind die Methoden der heutigen Literaturwissenschaft in mancher Hinsicht von der traditionellen Hermeneutik stark beeinflußt.
    Der vorliegende Aufsatz beschäftigt sich mit der Grundidee und Grundstruktur der Hermencutik bei der "philologischen Auslegungskunst“ und der "Bibelexegese“. Als hermeneutische Gegenstände sind z.B. literarische Texte und die Heiligen Schriften zu denken, aber genau genommen, stellen die hermeneutischen Gegebenheiten mehr dar, als bloß gegebene Gegenstände. Es handelt sich bei der Hermeneutik hauptsächlich um den Geist, der über die Gegebenheiten herrscht. Aus dem Zusammenwirken von "Geist“ und "Gegebenheit“ entsteht im Grunde der echte hermeneutische Zirkel. Die Aufgabe der hermeneutischen Ontologie bei Heidegger und der hermeneutischen Interpretation bei Staiger ist, richtig in diesen Zirkel hineinzukommen. Daraus resultiert, daß wir vom richtigen hermeneutischen Zirkel "nicht mehr sagen, daß er an sich, vitiosus‘ sei.“(Staiger) Es geht bei der literarischen hermeneutischen Methode um die Frage, wie sich der hermeneutische Zirkel in der Literaturwissenschaft vollzieht.
    Man kann in der griechischen Antike im Übergang vom Mythos zum Logos einen "Paradigmawechsel“ sehen. Mit diesem Zeitpunkt beginnt die Auslegungszeit des Mythos. Dabei ist es möglich, in der Antithetik von Platon und Aristoteles eine Art polarer Typik von Hermeneutik herauszuarbeiten, die in ihrer Polarität eine spezifische Tradition ausgebildet hat, die bis heute reicht; nämlich in der Antithetik des Divinatorischen und Rationalen. In der Spätantike waren es vor allem zwei Zentren, die bis zu einem gewissen Maße prototypisch die beiden leitenden Konzeptionen repräsentierten: die "Alexandrines“ und "Antiochener“ trieben vor allem Sprach- und Textwissenschaft mit Kritik, Logik usw.
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  • WOLFGANG MICHEL
    1981 Volume 66 Pages 109-114
    Published: March 31, 1981
    Released on J-STAGE: March 28, 2008
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  • SAE YAMADA
    1981 Volume 66 Pages 115-125
    Published: March 31, 1981
    Released on J-STAGE: March 28, 2008
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    (Im Folgenden wird der Terminus "Aspekt“ im erweiterten Sinn gebraucht. Aspekt im engeren Sinn, Aktionsarten und inhärente aspektuelle Bedeutungen der Verben sind darin eingeschlossen.)
    Ein sprachlicher Ausdruck des Aspekts spiegelt nicht genau eine außer-sprachliche Situation (=Handlung, Vorgang, Aktivität, Zustand) der realen Welt, sondern solch ein Ausdruck spiegelt die Weise, wie der Sprecher eine Situation wahrgenommen hat, welchen Teil des Geschehnisses er beobachtet hat, ob er es minutiös oder global observiert hat. Die Sprachen sind nicht so akkurat, daß sie jeder Situation einen genauen Ausdruck geben könnten. Man wählt von den disponiblen Sprachmitteln ein möglichst passendes, oder man kombiniert einige Mittel, um einen besseren Ausdruck zu bekommen. Was sprachlich ausgedrückt ist, ist also eine Kreuzung (Intersektion) der wirklichen Situation, der Wahrnehmung des Sprechers und der sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten. Wir interessieren uns hier zwar vor allem für die sprachlichen Ausdücke des Aspekts, aber wir halten es für notwendig, auch den Zeitcharakter der Situation und die Wahrnehmungsweise des Sprechers zu analysieren, um das System des Aspekts besser verstehen zu können. Eine Situation ist in Bezug auf vier zeitliche Merkmale determinierbar: nämlich Zeitqualität, Frequenz, Phasenverschiebung und Extension auf der Zeitachse. Wir identifizieren vier Sorten von Zeitqualitäten: konstant homogen (homogeneous), konstant diskontinuierlich (majorative), gelegentlich (occasional) und abgebrochen (interrupted). Eine Situation besteht aus einem Zustand, einem Geschehnis oder aus mehreren Geschehnissen. Eine Situation ist entweder von aktiver Natur oder von statischer Natur. Eine statische Situation zeigt keine Änderung und ist konstant homogen oder konstant diskontinuierlich. Sie kann auch abgebrochen werden. Eine aktive Situation besteht aus einem Geschehnis, das von einer Phase zu einer anderen momentan übergeht, oder aus einem Geschehnis, das sich über mehrere Phasen erstreckt. Die Situation der ersten Art wird sprachlich als "momentan“ ausgedrückt. Die Phasen, aus denen die Situation der zweiten Art zusammengesetzt ist, sind grob: T1 (vor dem Anfang), Ta (Zeitperiode des Anfangs des Geschehnisses und der Beschleunigung), T2 (im konstanten Verlauf), Te (Zeitperiode der abnehmenden Geschwindigkeit und des Endes) und T3 (Resultat). Eine Situation hat eine Extension auf der Zeitachse oder hat keine Extension im Fall des momentanen Geschehnisses.
    Die Weise, wie eine Situation vom Sprecher beobachtet wird, hängt zum Teil von seiner Wahrnehmungsfähigkeit, zum Teil von dem Gesichtswinkel und auch von dem Gesichtsfeld ab. Für eine Situation der durativen Natur sind die minutiöse Beobachtung von innen (Innenschau) und die globale Betrachtung von außen (Außenschau) möglich. Die Phasenaspekte können nur durch eine minutiöse Betrachtung erkannt werden. Wir teilen die Phasen T1…T3 mit eckigen oder runden Klammern in kleinere Teile, die Intervalle genannt werden. Diese Intervalle repräsentieren die verschiedenen Phasenaspekte: Präinchoativ, Anfangspunkt, Inzeptiv, Inchoativ, Progressiv, Durativ, Terminativ, Endpunkt, Nachterminativ und Resultativ.
    Man kann einen Teil des Zustands oder des Geschehnisses als eine Situation wahrnehmen. Man kann auch jede einzelne Phase (jedes Intervall) eines Geschehnisses als eine Situation wahrnehmen. Oder ein wiederholtes Geschehnis kann als eine iterative Situation zusammengefaßt werden. Und ein Zusammenhang mehrerer unabhängiger Geschehnisse kann auch als eine Situation wahrgenommen werden. Das hängt ab vom Gesichtsfeld und vom Gesichtspunkt des Sprechers. Im allgemeinen ist es so:
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  • KIYOAKI SATO
    1981 Volume 66 Pages 126-136
    Published: March 31, 1981
    Released on J-STAGE: March 28, 2008
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  • [in Japanese]
    1981 Volume 66 Pages 137-139
    Published: March 31, 1981
    Released on J-STAGE: March 28, 2008
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  • [in Japanese]
    1981 Volume 66 Pages 140-143
    Published: March 31, 1981
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  • [in Japanese]
    1981 Volume 66 Pages 143-147
    Published: March 31, 1981
    Released on J-STAGE: March 28, 2008
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  • 1981 Volume 66 Pages 211a
    Published: 1981
    Released on J-STAGE: January 30, 2009
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  • 1981 Volume 66 Pages 211c
    Published: 1981
    Released on J-STAGE: January 30, 2009
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  • 1981 Volume 66 Pages 211d
    Published: 1981
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  • 1981 Volume 66 Pages 211e
    Published: 1981
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  • 1981 Volume 66 Pages 211f
    Published: 1981
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  • 1981 Volume 66 Pages 211b
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  • 1981 Volume 66 Pages 240b
    Published: 1981
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  • 1981 Volume 66 Pages 240a
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