Ziel dieser Arbeit ist es, das System der zentralen Orte im nordöstlichen Westfalen zu erfassen und möglichst objektiv mit bisher untersuchten Strukturen in verschiedenen Gebieten der Welt zu vergleichen. Es bietet sich an, die zentralen Orte sowohl mit Hilfe der Katalog-als auch anhand der Umlandsmethode, d.h. von ihren zentralen Einrichtungen u n d von ihren Bereichen her, zu charakterisieren, weil diese beiden Bewertungen häufig voneinander abweichen, so daß eine Gemeinde oft unterschiedlichen Rangstufen der Ausstattung (establishment order) und der Umlandbedeutung (areal order) angehört.
Da die zentralen Orte des nordöstlichen Westfalens schon von G. KLUCZKA et al. mit der Umlandsmethode empirisch analysiert worden sind, hat der Verfasser nur den ergänzenden Katalog zentraler Einrichtungen mit Hilfe des Amtlichen Fernsprechbuches 1969/70 aufgestellt.-Als Ergebnisse der vergleichenden Untersuchung lassen sich folgende Punkte aufzeigen:
1) Die zentralen Funktionen im Untersuchungsgebiet lassen sich in 9 Stufen klassifizieren (Abb. 3 und Tab. 1), wenn man von einigen Unklarheiten absieht. Die Klassifikationsschwierigkeiten sind die gleichen wie bei der Analyse der Präfekturen Hiroshima und Okayama durch den Verfasser; eine so klare Stufung der zentralen Funktionen wie im Mittelwesten der USA oder in Skane (Schweden) ist nicht anzutreffen. Schon deshalb kann auch ein ebenso deutlicher Stufenaufbau der zentralen Orte nicht zum Ausdruck kommen: einige zentrale Orte besitzen trotz teilweise fehlender Funktionen niederer Stufe das ganze Spektrum der Funktionen höherer Stufe, -wie der Verfasser es ebenso in seiner Untersuchung der Präfekturen Hiroshima und Okayama feststellen konnte.
Auch die Verteilung der zentralen Orte im Untersuchungsgebiet (Abb. 4), in dem der regionale Unterschied zwischen verkehrsgünstig-industrialisierten und weniger entwickelten Teilräumen betrachtlich ist, entspricht der klassischen zentralörtlichen Theorie eigentlich nicht. Vor allem verdichtet sich das Netz der zentralen Orte niederer Stufe in der Nähe von größeren Zentren und/oder in dichtbesiedelten Gebieten. Dort kann ein Ort mit geringerem Bereich, der sich z.B. letztens als Arbeitersiedlung entwickelt hat, dieselbe zentralörtliche Rangstufe erreichen wie in dünnbesiedelten Gebieten, wo nur die traditonellen Zentralorte wie Blomberg, Barntrup usw. einen höheren Rang innehaben.
2) Nach der von G. KLUCZKA et al. ausgearbeiteten Bereichsgliderung gibt es unterhalb des Oberzentrums Bielefeld, das den größten Teil des Untersuchungsgebietes beherrscht, zahlreiche zentrale Orte mittlerer und unterer Stufe. Jedoch treten hier einige Typen auf, welche weder von der Christallerschen Theorie noch beispielsweise in den Nordamerikastudien von B.J.L. BERRY erklärt werden: der Selbstversorgerort z.B. oder das größere Zentrum, dessen Einflußbereich kleinere Nachbarbereiche überlagert.
3) Vergleicht man das zentralörtliche Muster Nordostwestfalens insgesamt mit den Entsprechungen in anderen bereits bearbeiteten Gebieten, etwa mit Regionen Nordamerikas (BERRY), dem nördlichen Baden-Württemberg (BARNUM), Österreich (BOBEK) oder der Präfektur Okayama (Verfasser), so ergibt sich, daß der Grad der Regelhaftigkeit des Musters im Untersuchungsgebiet etwa den Verhältnissen in Österreich entspricht und damit zwischen den außerordentlich regelmäßigen Verteilungen in Nordamerika und der extreme Ausnahme umfassenden Situation in der Präfektur Okayama steht. Obwohl solche Erscheinungen wie Selbstversorgerorte und Konkurrenzkampf eines zentralen Ortes mit großem Zentrum in der Nachbarschaft auch in Nordostwestfalen den Regelverteilungen der Theorie deutlich widersprechen, fehlt es hier doch an solchen Anomalien wie in abgelegenen Teilen der Präfektur Okayama

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