1. Wenn wir die Bildung von Zellen aus Dotterkugeln (plasmatischen Gebilden) verfolgen, so untersuchen wir das Anfangsstadium der Zellontogenie.
2. Nach den Hypothesen von HAECKEL und MINCHIN besteht die Phylogenie der Zelle darin, daß aus dem Protoplasma Moneren mit über das ganze Plasma verstreuten Chromatinkörnchen abgesondert sondert werden; die Moneren bilden Pseudopodien, und es entsteht in ihnen zunächst ein Liningerüst, dann ein granulierter Kern (“Karyosom” von MINCHIN).
3. Wenn die Ontogenie der Zelle im sich entwickelnden Organismus wirklich deren Phylogenie widerspiegelt, so muß die Zelle in ihrer ontogenetischen Entwicklung annähernd denselben. Weg und die gleichen Stadien, wie in ihrer phylogenetischen Entwicklung, durchmachen. Wenn das von uns festgestellte Bild der Zellontogenie in keiner Weise der Vorstellung von deren Phylogenie entsprochen hätte, so würde das bedeuten, daß entweder unsere Hypothese von der Zellontogenie oder die von deren Phylogenie oder schließlich beide falsch sind. Die Übereinstimmung zwischen beiden bildet demgegenüber einen überzeugenden Beweis für die Richtigkeit beider Hypothesen, denn sie kann nicht zufällig sein und weist darauf hin, daß wir uns auf dem richtigen Weg befinden.
4. Die vorliegende Arbeit bildet die Fortsetzung unserer 1. Mitteilung (1934) und verfolgt den Zweck, die früher erhaltenen Resultate nachzuprüfen und die Frage weiter zu vertiefen.
5. Das Hauptziel der vorliegenden Arbeit besteht aber darin: 1) die Entstehung von Zellen aus Dotterkugeln an einundderselben Kugel und 2) die Bildung von Blutinseln am lebenden, im Thermostat sich entwickelnden Hühnerembryo mit dem Ultropak zu verfolgen.
6. Zu diesem Zweck sind neue Methoden ausgearbeitet worden. Ein neuer Thermostat für Lebendbeobachtungen mit dem Ultropak wurde gebaut, und Deckgläser, welche die Dottermembran aufschlitzen, wurden durch Glas- oder Glimmerplättchen ersetzt, welche auf eine Gummimembran aufgeklebt wurden, wobei eine besondere Vorrichtung für die Nivellierung der Plättchen konstruiert wurde. Mit Hilfe dieser Methoden können wir die Veränderungen am lebenden Objekt unter Immersion beobachten. Um die Entstehung von Zellen aus Dotterkugeln an einundderselben Kugel zu verfolgen, wandten wir ein Methode an, die bis zu einem gewissen Grad mikrokinematografische Aufnahmen ersetzt.
7. Auf diese Weise stellten wir fest, daß wenn sich eine Dotterkugel zu einer Blutinsel transformiert, die Zunahme der Körnchengrößan der Peripherie beginnt unter gleichzeitigem Auftreten von Haemoglobin, durch welches die Kugel eine rote Färbung anzunehmen anfängt. Je größer die Körnchen, umso stärker färbt sich die Kugel mit Haemoglobin. Die neugebildeten Blutelemente treten aus der Granulation in ein verödetes Gefäß über. Manchmal sinkt eine ganze Kugel in ein solches Gefäß und setzt dort ihre Entwicklung nach den gleichen Gesetzen fort.
8. An Kulturen aus dem Periblast und dem Boden der subembryonalen Höhle konnten wir die Entstehung von Zellen aus Kugeln verfolgen, in denen noch 1 St. 35 Min. bevor garkeine Anzeichen einer Zelle vorhanden waren.
9. Solche Zellkugeln mit basischer Granulation im Plasma, einem großen, homogenen, acidophilen Kern und einem basophilen Nucleolus teilen sich karyokinetisch. Zwei aufeinanderfolgende Teilungsstadien haben wir in vivo an einundderselben Zellkugeln verfolgen können.
10. Mit Hilfe der FEULGENSChen Reaktion auf Thymonukleinsäure, also einen Bestandteil des Chromatins (Kernsubstanz), konnte M. J. TEPLJAKOWA feststellen, daß auf frühen Entwicklungsstadien des Embryos die Thymonukleinsäure diffus über die ganze Kugel verteilt ist
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