Die anatomische Bedeutung der Littre'schen Urethraldrüsen, welche sehr kleine Schleimdrüsen sind, ist nicht klar. Der Verfasser möchte nun hier über diesen Punkt die folgenden vier Behauptungen aufstellen.
1) Sind die von Littre entdeckten Urethraldrüsen wirklich vorhanden oder nicht?
2) Ist es richtig, für alle Arten von in allen Teilen der Urethra vorhandenen Urethraldrusen den Namen “Littre'sche Drüsen” zu gebrauchen?
3) Ueber die anatomische Bedeutung der sogenannten Littre'schen Drüsen existieren zahlreiche nicht mit einander übereinstimmende Ansichten der Gelehrten.
4) Sind der Ausführungsgang der sogenannten Littre'schen Drüsen und die Morgagni'schen Lacunen je besondere Gebilde?
Um nun die oben aufgeführten Fragen klarzustellen, hat der Verfasser die gesamten Urethrae von fünf Leichen und einen grossen Teil der Pars cavernosa einer wegen Glanscarcinoms amputierten Urethra mittelst Herstellung lückenloser Serienschnittpräparate der Urethraldrüsen und Urethrallacunen histologisch untersucht, sowie zugleich, um das Typische dieser Drüsen und Lacunen festzustellen, nach der Rekonstruktionsmethode Wachsplattenmodelle hergestellt, deren Formen beobachtet und dabei die folgenden Ergebnisse erhalten:
1) Die nach Littre die Pars membranacea unmittelbar vor der Prostata umhüllende Drüse ist nicht tatsächlich vorhanden.
2) Es beruht auf einem Irrtum, wenn viele Autoren, nachdem Littre über die Entdeckung der oben genannten Drüse berichtet hatte, alle anderen Urethraldrüsen ebenfalls mit dem Namen “Littre'sche Drüsen” belegen.
3) Es sind viele verschiedene Drüsentypen und Drüsenarten der Urethraldrüsen vorhanden, über welche bisher die Meinungen der verschiedenen Autoren nicht im Einklang gestanden batten; und darum ist es nötig, unter Klassifizierung der verschiedenen Drüsenarten deren anatomische Bedeutung klarzustellen.
4) Der Ausführungsgang der sogenannten Littre'schen Drüsen ist auf Grund einer entwickiungsgeschichtlichen und histologischen Untersuchung mit der Morgagni'schen Lacune identisch, und es ist durchaus abwegig, mit einander identische Gebilde zugleich mit zwei verschiedenen Namen zu benennen. Dass in der Anatomie dieser irrtümliche Gebrauch jetzt allgemein verbreitet ist, hat seine Ursache darin, dass im Jahre 1895 in Basel von der dont tagenden neunten Sitzung der deutschen anatomischen Gesellschaft die beiden auf Grund eines Irrtumes von einander unterschiedenen Namen Lacunae urethrales Morgagnii und Glandulae urethrales Littrei für die anatomische Nomenklatur ausgewählt wurden. Angesichts des Bestehens besonderer wissenschaftlicher Namen wie für zwei verschiedene Gebilde war man befugt, an die selbständige Existenz zweier solcher verschiedener Gebilde neben einander zu glauben.
Der Verfasser ist aber bei dem Studium über diese Frage zu den folgenden Schlüssen gelangt:
1) Es ist richtig, den Namen “Littre'sche Urethraldrüsen” zu streichen und dafür einfach die Bezeichnung “Glandulae urethrales” zu gebrauchen.
2) Die Urethraldrüsen werden in vier Gruppen: die oberste einzellige Drüse, die echte intraepitheliale Drüse, die subepitheliale einfache Einzeldrüse und die subepitheliale verästelte Einzeldrüse kiassifiziert.
3) Vom Standpunkte des Drüsentypus aus betrachtet, gehören die Urethraldrüsen zum grössten Teil zu dem alveolar tubulösen Typus, und es sind ausserdem einige alveoläre oder tubulöse jenen beigemischt.
4) Die Morgagni'schen Lacunen werden, da sie röhrenförmig sind, richtiger als Ductus paraurethrales bezeichnet.
5) Die Oeffnung des Paraurethralganges, d. h. der Morgagni'schen Lacune, besteht in Einstülpungen oder Vertiefungen der
View full abstract