Bei Nierengesunden:
(1) Nach fänfzehn Minuten langem Absperren der glatten Zirkulation des Armes mittelst von mir hergestelltem Gummischlauchring wird das venöse Blut mit Gewebssaft, dessen Eiweissgehalt kleiner als der des Serums, aber dessen Kochsalzkonzentration fast gleich (oder nur ein wenig niedriger) zu der des letzteren ist, verdünnt. Der dabei intravasal einströmende Gewebssaft ist jedoch nicht immer, wie Morawitz und Denecke
18)23) sagen, eine, _??_sehr_??_ dünne Eiweisslösung bzw._??_ isotonische _??_Salzlösung, so dass die Kapillarwand in solchem asphyktischem Zustande derselben der Passage des Eiweisses keinen absoluten Widerstand leistet.
(2) Erzeugt man durch Herabhängen des Armes eine venöse Stanung, so ist in der 30sten Minute der Stauung venöses Blut deutlich eingedickt, was zeigt, dass die Filtration die Rücktranssudation überwiegt und dadurch eine sehr dunne Eiweisslösung aus dem Blut nach dem Gewebe ausströmt. Die Kapillarwand erlaubt in diesem Zustande keinen freien Durchgang für Eiweiss.
(3) Wird in der 30sten Minute der venösen Stauung der Blutstrom abgesperrt, so wird das Blut durch eine grössere Menge Gewebssaft, und zwar eines eiweissreicheren verdünnt als beim Absperren des Blutstromes bei glatter Zirkulation. Die Ansicht von Morawitz und Denecke,
18)23) dass die vorherige Hyperämisierung des Armes durch venöse Stauung etc. der Flüssigkeitsbewegung durch Abschnüren des Oberarmes eine umgekehrte Richtung geben könne, ist eine nicht zutrelfende. Wahrseheinlich rührt ihr Irrtum daher, dass sie auf die durch venöse Stauung selbst bedingte Bluteindickung keine Rücksicht nahmen.
Bei Anstellung der obigen Versuche an Nierenkranken ergibt sich. folgendes:
A. Bei Nephrose:
(1) In der grosseren Hälfte der untersuchten Fälle von Nephrosekranken nimmt auch bei Absperrung des Blutstromes in glatter Zirkulation das Serumeiweiss absolut zu. Dies ist aber keine Folge der Bluteindickung, sondern als dadurch bewirkt anzusehen, dass die intravasal einströmende Ödemflussigkeit während der Absperrung temporär eiweissreicher wird. Die Auffassung von Denecke,
23) dass die Nephrosekranken eine qualitativ verschiedene Gefässfunktion aufweisen als die normalen Personen, ist eine irrtumliche. Das kommt daher, dass Morawitz und Denecke
18)23) und die meisten Nachprüfer die Blutkonzentration nur nach dem Serumeiweissgehalt beurteilen. Daran ist m. E. schuld, dass sie annehmen, dass die Zusammensetzung der Gewebe- bzw. Ödemflüssigkeit mindestens während des Versuches unverändert sei, d. h. durch die Gefässwand eine _??_sehr_??_ eiweissarme isotonische Flüssigkeit immer hin und her strömt.
(2) Venöse Stauung ruft eine deutliche _??_Albuminurie ins Gewebe_??_ hervor, was zeigt, dass bei der Nephrose eine Gefässschädigung vorliegt.
(3) Schnürt man den Arm in der 30sten Minute der venösen Stauung ab, so nimmt regelmässig das Hämoglobin ab und zugleich das Serumeiweiss zu.
B. Beim akuten und chronischen Stadium der diffusen Glomerulonephritis:
(1) Durch die Absperrung des Blutstromes strömt häufig die Gewebebzw. Ödemflüssigkeit in grosser Menge in die Blutbahn ein, wobei zuweilen das Blut bis aufs doppelte verdünnt wird, womit aber die Abnahme des Eiweisses nicht Hand in Hand geht.
(2) Venöse Stauung bewirkt den extravasalen Austritt des Eiweisses.
(3) Auch bei der Abschnürung des Armes in der 30sten Minute der venösen Stauung zeigt sich noch keine absolute Zunahme des Serumeiweisses.
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