In den vorliegenden Untersuchungen wurden nach Fesselung des Kaninchens auf dem Operationstische die Gefässe am Hals blossgelegt, um daraus eine beliebige Menge Blut zu entnehmen. Dann wurde eine Anzahl von Kontrollexperimenten angestellt, und die Differenz im Zuckergehalt des Blutes sowie Harns als die Folge des Aderlasses selber angenommen. Die Blutentnahme wurde entweder aus der A. carotis oder V. jugularis externa vorgenommen.
Die Blutentziehung von etwa 8g pro kg Körpergewicht, was 4/9 der gesamten Blutmenge entspricht, übt überhaupt keinen sichtbaren Einfluss auf den Zuckergehalt des Blutes sowie des Harns aus.
Die Blutentnahme von etwa 15g pro kg Körpergewicht, d.h. etwa einem Viertel der gesamten Blutmenge, ist ohne Ausnahme von einer Vermehrung des Blut- and Haruzuckergehaltes begleitet.
Nun dürfen wir nach den weiter ausführlich geschilderten Beobachtungen folgende Schlussätze betreffs der Aderlasshyperglykämie ableiten:
(1) Die Grösse der entzogenen Blutmenge ist das Massgebende für die Stärke der Aderlasshyperglykämie. Bei wiederholter Ausübung des Aderlasses in kurzer Frist ist auch die gesamte Menge des entnommenen Blutes ausschlaggebend für die Grösse der Blutzuckervermehrung.
(2) Ob das Blut aus einer Arterie oder einer Vene entnommen wird, ist für die Stärke der Hyperglykämie von gar keinem Belang.
(3) Die Intensität der Aderlasshyperglykämie hängt einerseits von den Jahreszeiten ab; und zwar ist sie im Winter und Frühling stärker als in den übrigen Jahreszeiten.
(4) Die beiderseitige Splanchnikusdurchschneidung hält den Ausbruch der Aderlasshyperglykämie in sehr beträchlichem Masse ab. Durch einen starken Aderlass, wie von einem Drittel oder zwei Fünftel der gesamten Blutmenge, lässt sich erst eine geringfügige, jedocb unverkennbare Blutzuckersteigerung beim doppelseitig splanchnikotomierten Kaninchen zur Erscheinung bringen.
View full abstract