1. Ich stellte mit männlichen erwachsenen Kaninchen (Körpergewicht 1900 bis 2700g) Versuche an, um den Einfluss der partiellen Resektion der Leber auf die farbstoffausscheidende Funktion der Nieren zu erforschen. Dazu resezierte ich bei den Versuchstieren einen oder zwei Leberlappen und untersuchte die Ausscheidung des intravenös eingespritzten Farbstoffs im Harn vor und nach der Operation. Direkt nach dem Nachversuch wurde das Tier getötet und seziert. Dabei wurde aus den Gewichten des übriggebliebenen und des resezierten Leberanteils das ungefähre Gewichtsprozent des resezierten Leberlappens zum ganzen Organ, d. h. die Resektionsgrösse bestimmt. Bei der Resektion eines Leberlappens wurden durchschnittlich 16% (11, 3-20, 60%), bei der Resektion zweier Lappen durchschnittlich 37, 3%(28, 5-44, 3%) aus dem ganzen Leberparenchym entfernt. Ferner wurden der resezierte und der Restleberanteil sowie die Nieren histologisch untersucht. Als Farbstoffe verwendete ich in der Versuchsreihe A 5 Monoazofarbstoffe, die gleichzeitig aus der Leber und den Nieren ausgeschieden werden, nämlich Chromotrop IIR, Coccin 2B, Ponceau P. R. Azorubin S und Croceine Scarlet IBX, in der Versuchsreihe B2 Disazofarbstoffe, die fast ausschliesslich aus der Leber und kaum aus den Nieren ausgeschieden werden, nämlich Congorot und Azoblau. In der Versuchsreihe C verfolgte ich mit Azorubin S die funktionelle Erholung der Leber nach der partiellen Resektion dieses Organs. Bei allen diesen Farbstoffen wurden jedesmal 2 ccm einer 1% igen wässerigen Lösung intravenös injiziert. Dabei wurden das erste Auftreten des Farbstoffs im Harn, die Gesamtmenge in den ersten 4 Stunden sowie die ausgeschiedene Menge in jedem Zeitabschnitt beobachtet.
2. Die Gesamtausscheidung der Monoazofarbstoffe in den ersten 4 Stunden nach Leberresektion wurde bei alien meinen Farbstoffen mehr oder weniger vermehrt gefunden. Diese Vermehrung war im allgemeinen nach der Resektion zweier Leberlappen ausgeprägter als nach der eines Leberlappens und bei Chromotrop IIR und Coccin 2B schwächer, bei Ponceau P. R. und Azorubin S stärker und bei Croceine Scarlet IBX mittelmassig. Ferner geht diese Ver mehrung der Gesamtausscheidung bei allen diesen Monoazofarbstoffen, mit Ausnahme von Chromotrop IIR, im grossen und ganzen der Resektionsgrösse des Leberparenchyms beinahe parallel. Bei Chromotrop IIR war diese Vermehrung beinah doppelt so gross wie die Resektionsgrosse des Leberparenchyms.
3. Die Monoazofarbstoffe erschienen im Urin gesunder Tiere zuerst 2 bis 5 Minuten nach Injektion. Nach der Leberresektion veränderte sich diese Zeit im allgemeinen fast gar nicht und war bei einigen Farbstoffen nach Leberresektion und zwar nach der zweier Lappen nur minimal verspatet. Betreffs der Farbstoffausscheidung im Urin in jedem Zeitabschnitt bemerkte ich, dass die Monoazofarbstoffe im normalen Zustande grösstenteils in der ersten halben Stunde und der Rest, allmählich abnehmend, im Urin ausgeschieden wurden Diese Ausscheidungskurve mit der Kulmination in der ersten halben Stunde nach dem ersten Auftreten des Farbstoffs erfährt nach Leberresektion bei Chromotrop IIR und Coccin 2B leichte Senkung des Kulminationspunkts mit Vermebrung der in den weiteren Zeitabschnitten ausgeschiedenen Farbstoffmenge. Bei Ponceau P. R. und Azorubin S dagegen wies die Ausscheidungskurve nach Leberresektion in jedem Zeitabschnitt deutlicben Anstieg wie in der ersten halben Stunde auf. Dieser Anstieg der Kulmination in der ersten halben Stunde war bei Resektion zweier Leberlappen ausgeprägter als bei der eines Lappens. Bei Croceine Scarlet IBX war nach Leberresektion der Anstieg der Kulmination in der ersten halben Stunde kaum, die allgemeine Erhöhung der Kurve in den weiteren Stunden dagegen sehr ausgeprägt.
View full abstract